Die Wahrnehmung des Nationalsozialismus
durch die ungarische Minderheit Rumäniens. Die Zeitschrift "Magyar Kisebbség" [1]
Die Erforschung
der Zwischenkriegszeit Rumäniens nahm in den letzten Jahrzehnten einen Aufschwung,
dem mehrere Arbeiten zu verdanken sind, die sich u.a. mit der Haltung sei
es der rumänischen, sei es der deutschen Gesellschaft zum Faschismus und Nationalsozialismus
befassen. [2]
Die Literatur über die Lage der ungarischen Minderheit
in der Zwischenkriegszeit ist hingegen eher spärlich und beschränkt sich auf
Übersichten und einige wenige Aspekte. [3]
In dieser Historiographie finden sich keinerlei Bezüge
zu den internationalen Entwicklungen in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre
bzw. nach dem Aufstieg des Nationalsozialismus. [4]
Dies erregt um so mehr Verwunderung, als allgemein postuliert
wird, die ungarische Minderheit sei von einer kleinen konservativen Elite
dominiert gewesen, deren vorrangiges Ziel in der Wiedereingliederung Siebenbürgens
in Ungarn bestanden habe, welches Ziel aber nur mit der Unterstützung des
nationalsozialistischen Deutschlands erreichbar sein konnte. Dieser Zusammenhang
wirft deshalb die Frage nach der Rezeption des Faschismus und der nationalsozialistischen
Ideologie auf. Doch zielgerichtete Untersuchungen über die Wahrnehmung des
internationalen Faschismus bzw. des nationalsozialistischen Deutschlands durch
die ungarische Minderheit selbst (respektive ihre Eliten und verschiedene
Schichten) stehen noch aus. Daher erscheint es verständlich, wenn mangels
Detailuntersuchungen in allgemeinen Darstellungen oder auch bei kursorischer
Erwähnung dieser Minderheit ihr reflexartig eine generell revanchistische
Haltung bescheinigt wird, die dazu geführt haben soll, daß sie jegliche Anpassung
an die neue Staatsordnung verweigerte. [5]
Dabei erscheint, bei Annahme einer revisionistischen Haltung,
tatsächlich nichts plausibler, als die positive Aufnahme solcher Ideologien,
da die ungarische Minderheit eben nur durch deren Hilfe auf einen Erfolg des
ungarischen Revisionismus hoffen konnte. [6]
Doch der Nachweis einer positiven (wie auch der einer ablehnenden)
Rezeption muß noch über die Auswertung der Aussagen führender siebenbürgisch-ungarischer
Politiker, der (maßgebenden) Periodika und eventuell vorhandener Memorialistik
bzw. der vielleicht angelegten Akten deutscher amtlicher Organe erfolgen. [7]
Im Zentrum
dieses Aufsatzes steht eine wichtige, sich mit minderheitenpolitischen Fragen
auseinandersetzende ungarische Zeitschrift, die "Magyar Kisebbség" (Ungarische
Minderheit). Sie wird auf ihre (bejahende oder ablehnende) Einstellung rechten
Ideologien gegenüber untersucht. Ein besonderes Augenmerk bei der Auswertung
der Zeitschrift gilt dem Komplex, ob sich die Zeitschrift prorevisionistisch
(bzw. irredentistisch ) verhielt,
denn eine solche Einstellung konnte eine Affinität zum Nationalsozialismus
nahelegen (bzw. bedingen). [8]
Daß die Rezeption faschistischer bzw. nationalsozialistischer
Ideen und die seitens der Zeitschrift möglicherweise willkommen geheißene
Unterstützung des Revisionismus auf Grund der beinahe ständigen Pressezensur
kaum in direkten und offenen Worten geschah, findet gleichfalls Beachtung.
Sofern die Zeitschrift selbst keine explizite Unterscheidung der Begriffe
"faschistisch" und "nationalsozialistisch " trifft,
was auch der modernen Historiographie schwer fällt [9]
, stehen im Folgenden der Kürze halber die Termini "Faschismus"
und "faschistisch". Es versteht sich dabei von selbst, daß die Auswertung
einer einzigen Zeitschrift, selbst wenn sie führenden Persönlichkeiten (nicht
nur der ungarischen Minderheit) Gelegenheit zu journalistischer Betätigung
und zur Meinungsäußerung bot und eine der langlebigsten ungarischen Zeitschriften
der interbellischen Periode war, keine universalisierbaren, d.h. für die ungarische
Minderheit als Ganzes zutreffenden Aussagen erlaubt. Bei diesem vorliegenden
Aufsatz kann es sich also nur um eine Vorarbeit handeln, der notwendigerweise
weitere Untersuchungen zu folgen haben, damit das durch diese Arbeit gewonnene
Bild um weitere Aspekte (betreffend etwa andere Periodika und die Haltung
der ungarischen politischen Elite, aber auch etwa des nationalsozialistischen
Deutschlands) sinnvoll ergänzt werden kann.
Die Zeitschrift
Magyar Kisebbség erschien zwischen September 1922 und Sommer 1942. Das Blatt
gründeten drei einflussreiche Personen der ungarischen Öffentlichkeit: Elemér
Jakabffy, István Sulyok und József Willer. Obzwar die beiden Letztgenannten
recht bald aus der Redaktion ausschieden, wurden sie noch lange Zeit als Redakteure
geführt. Sulyok, der in den dreißiger Jahren eine Affinität zum Nationalsozialismus
entwickelt haben soll [10]
, nahm nach 1923 keinen Einfluß mehr auf die Richtung des
Blattes, während die Reden Willers, der Abgeordneter der Ungarischen Partei
im Parlament wurde, öfters im Blatt erschienen. [11]
Elemér Jakabffy war zweifellos die führende Persönlichkeit
der Zeitschrift, denn er war nicht nur langjähriges Mitglied im Vorstand der
Ungarischen Partei, sondern seine Grundsatzartikel bestimmten auch die allgemeine
politische Linie des Blattes und sorgten
dafür, daß die Zeitschrift als der Ungarischen Partei nahestehend aufgefasst
wurde. [12]
Dennoch veröffentlichte die Zeitschrift auch Artikel, die
die Ungarische Partei kritisierten. Die Zeitschrift erschien zweimal monatlich,
so dass sie nur verzögert auf das Tagesgeschehen reagieren konnte. Dies bezweckten
jedoch auch die Herausgeber, die, dem eigenen Bekunden nach, durch ihre Zeitschrift
vornehmlich das ungarische Minderheitenbewußtsein aufrechterhalten und stärken,
außerdem die Lage der Ungarn öffentlich kundtun, aber auch auf die Situation
der anderen Minderheiten in Rumänien und Europa hinweisen wollten. Da die
Zeitschrift in den tagespolitischen Diskurs nicht direkt eingreifen konnte,
nahm sie auf einer Ebene dazu Stellung, die nicht auf Aktualität bedacht sein
musste, sondern die jeweilige Problematik abgehoben von tagesaktueller Parteipolitik
aus der Warte der universalen Minderheitenperspektive betrachten konnte. Hierbei
beschränkte sich die Sichtweise also nicht nur auf die Anliegen der ungarischen
Minderheit, sondern die propagierte Minderheitensolidarität wurde ebenso vor
Augen gehalten wie allgemein die demokratische Grundordnung, die es zu beschützen
galt, da nur sie die Existenz der Minderheiten, so der öfters geäußerte Glaube,
gewährleisten konnte. Über die Leserschaft der Zeitschrift wie über ihre Verbreitung
lassen sich keine genauen Angaben machen.
Die Erforschung
der Wahrnehmung des Faschismus legt es nahe, den Voraussetzungen nachzuspüren,
die einen Nährboden für eine Affinität zu ihm hergaben. Zu diesen Prämissen
zählen im Falle der ungarischen Minderheit u.a. die Einstellung zum Irredentismus
und Antisemitismus. [13]
In den ersten Monaten und Jahren ihrer Existenz, vor allem
als die Ungarische Partei noch inaktiv oder kaum tätig war, sah die Zeitschrift
ihre Aufgabe darin, nach innen eine aufrüttelnde, den Zusammenhalt der Ungarn
stärkende Funktion auszuüben, nach außen die Vorwürfe der Staatsfeindlichkeit
und Irredentatätigkeit abzuwehren. [14] Die Zeitschrift bezog entschieden Stellung gegen den Irredentismus [15]
und druckte bereits Anfang 1923 mit einem zustimmenden
Kommentar einen Artikel des sächsischen Politikers Emil Neugeboren ab, in
dem dieser eventuell entstehende Irredentabewegungen geradewegs auf die Nicht-gewährung
von Minderheitenrechten zurückführte. [16]
Die Verurteilung von Irredentabewegungen mußte die Mitarbeiter
der Zeitschrift aber nicht daran hindern, einerseits die Sachsen zu loben,
weil sie daran festhielten, mit dem deutschen Sprachraum kulturell verbunden
zu bleiben [17]
, andererseits zu erklären, selbst ein großes Interesse
an den Geschehnissen jenseits der Grenze, in Ungarn, zu haben [18]
und dennoch zugleich ungarische revisionistische Tätigkeiten
zu verurteilen. [19]
Der Autor letztgenannten Artikels versuchte, einen sachlichen
Ton in die emotional geprägte Diskussion über den ungarischen Revisionismus
zu bringen, darauf hinweisend, dass vor dem Krieg auch das rumänische Königreich
eine starke, gegen Ungarn gerichtete, Propaganda betrieben habe. Bereits der
Titel des Artikels weist aber darauf hin, daß es sowohl innerhalb als auch
außerhalb der Grenzen solche Leute gegeben haben muß, die revisionistisches
Gedankengut verbreiteten. Solche Tätigkeiten, hob Jakabffy, der Autor, hervor, seien jedoch überflüssig und unnütz,
wovon sich die Führer der ungarischen Minderheit auch distanzierten. Sie führten
zu nichts, so Jakabffy, denn die Monarchie wäre beispielsweise auch ohne die
parallele rumänische Tätigkeit zerfallen. Neben der eigenen aktiven Verteidigung
gegen rumänischerseits unterstellte Irredentatätigkeiten griffen die Redakteure
gerne auf Artikel und Bücher zurück, die von rumänischen Autoren stammten
und die Ungarn in Schutz vor solchen Beschuldigungen nahmen. [20]
Die Darstellung
der Abwehr solcher Vorwürfe belegt, daß die Zeitschrift Gedankengut, das sie
(später) anfällig für faschistische Bewegungen gemacht hätte, Anfang der zwanziger
Jahre nicht pflegte. Die Einstellung gegenüber einem anderen wichtigen zeitgenössischen
Gesellschaftsproblem zeigt in die selbe Richtung. Dieses Problem ist dasjenige
des Antisemitismus. Nach dem ersten Weltkrieg flammte in Osteuropa eine starke
antisemitische Stimmung wieder auf: In Ungarn z.B. kam sie als Reaktion auf
die (niedergeschlagene) Räterepublik zustande und führte u.a. zum ersten Numerus
Clausus an den osteuropäischen Universitäten, während sich der Antisemitismus
in Rumänien aus der als vordergründig zu stark empfundenen Teilnahme der Juden
in den Bildungseinrichtungen und der Angst vor dem Kommunismus speiste. [21]
Die Zeitschrift Magyar Kisebbség reflektierte sehr früh
über die Juden als solche und über den Antisemitismus insbesondere. Ein Autor
der Zeitschrift, selbst ein Jude, stellte gegenüber der Verwunderung rumänischer
Blätter fest, daß es eine normale Erscheinung sei, wenn ein Teil des Judentums
sich zum Ungarntum bekenne. [22] In einer weiteren Stellungnahme stellte derselbe Autor,
B. Gombos, eine Zunahme des Antisemitismus in den vergangenen Jahren fest.
Er reagierte auf die Klagen rumänischer Antisemiten, wonach es zu viele Juden
an den Universitäten gebe, mit dem Hinweis, daß dies auf das vorherige Verbot
im rumänischen Königreich (Regat) zurückzuführen sei, das es den Juden zuvor
nicht erlaubt hatte, höhere Bildungseinrichtungen zu besuchen. Ein anderer
Autor meinte eine Differenzierung in der Sache einführen zu können, wenn er
behauptete, daß auch die Juden teilweise mit Schuld am Antisemitismus trügen,
denn sie ergriffen zu selten "produktive Berufszweige" und zu oft "Intelligenzberufe".
Die jüdische Jugend in Siebenbürgen müsse daher darauf achten, daß die Juden,
die im Regat nicht toleriert würden, ihnen nicht die Plätze in Siebenbürgen
streitig machten. Neumann, der Autor dieses Artikels, gab schließlich die
Schuld am Antisemitismus einerseits den Christen, die daraus Profit schlügen,
andererseits den Juden, die die erwähnten Gesichtspunkte nicht beachteten. [23]
Ständige Mitarbeiter der Zeitschrift, wie Spectator und
Jakabffy, äusserten Verständnis für die Juden, die sich "national" zu organisieren
versuchten, hofften aber gleichzeitig, daß eine starke Ungarische Partei in
der Lage sein werde, anziehend auf die Juden zu wirken, damit diese sich nachher
in ihr wiederfänden. [24] Nach diesen Artikeln, die den Eindruck erwecken, daß die
Juden mehr als (noch einzuwerbende) Mitglieder der ungarischen Gemeinschaft
und als (potentielle) Wähler der Ungarischen Partei, denn als normale Glieder
der Gesellschaft angesehen wurden, erschienen noch mehrere, unterschiedliche
Probleme der Juden beleuchtende Artikel. [25]
1925 mußte die Zeitschrift deutlicher als bis dahin Position
beziehen, als ein katholischer Geistlicher Jakabffy in einem eindeutig antisemitischen
Brief der übertriebenen Judenfreundschaft bezichtigte. Der Pfarrer warf der
Zeitschrift vor, sich zu sehr um die Eingliederung der Juden in die ungarische
Gemeinschaft zu bemühen, was der Pfarrer als "erniedrigend" betrachtete, da
die Juden, meinte er, Schuld am Zerfall der Monarchie hätten. [26]
Jakabffy verwies in seiner Antwort zunächst auf einen Beschluss
der Ungarischen Partei, wonach sich diese der Probleme der Juden annehmen
möchte, da sie die Juden als Teil des Ungarntums betrachte. Ihn verpflichte
somit nicht seine "philosemitische Geduld" zur Öffnung der Zeitschrift für
die Juden, sondern die Interessen der Ungarischen Partei, mithin der ungarischen
Nation. Diese Interessen würde er (wie den Beschluss, solange er bestünde)
selbst dann beachten, wenn er nicht stellvertretender Vorsitzender der Partei,
sondern lediglich einfaches Parteimitglied wäre. Machte die Partei den obigen
Beschluss rückgängig, so Jakabffy, dann hätte er sich danach zu richten, obwohl
er "als Kämpfer des universalen Minderheitengedankens die Ungereimtheiten
der Situation spürte".
Spätestens
nach dieser Stellungnahme war die Linie der Zeitschrift vorgegeben: Sie wollte
gesellschaftliche Phänomene danach beurteilen, wie sie die allgemeine
Minderheitenfrage und insbesondere die Stellung der ungarischen Minderheit
tangierten. Im Namen der Minderheiten, ausgestattet mit einem positiven
humanistischen Menschenbild, aber durchaus mit Blick auf ungarische Interessen,
wollte sie dazu beitragen, Spannungen innerhalb der Minderheiten vorzubeugen,
damit diese mit vereinten Kräften gegen jegliche gegen sie gerichteten Strömungen
und Diskriminierungen vorgehen konnten. Diese Ausrichtung erleichterte der Zeitschrift
die Benennung, den Umgang mit und (zumindest die theoretische) Abwehr solcher
Ideologien, die mit den eigenen Auffassungen und Interessen als unvereinbar
galten.
Gelegenheit
zur Überprüfung der eigenen Einstellungen bot auf theoretischer Ebene die
Auseinandersetzung mit dem italienischen Faschismus und mittelbar der Streit
mit den Banater Schwaben um die Identität der Sathmarer Schwaben. Die theoretische
Erörterung geschah durch die Abwägung der Vor- und Nachteile, die der Faschismus
der ungarischen Minderheit bringen konnte, wobei zugleich auch der "Bolschewismus"
berücksichtigt wurde. [27]
Der betreffende Artikel muß daher als Justierung der eigenen
politischen Ausrichtung gedeutet werden. Als gemeinsame Merkmale beider Ideologien
stellte der Autor zunächst heraus, daß sich beide auf Gewalt gründeten und
beide Anschauungen gewisse Schwächen der Demokratie erkannt hätten. Interessant
für die ungarische Minderheit sei jedoch der Faschismus, da die Konferenz
der Staaten der Kleinen Entente sich in der nahen Zukunft mit ihm befassen
werde, weshalb sich die Minderheiten künftig auf eine vielleicht faschistische
Regierung gefasst machen müssten. [28]
Der Faschismus baue jedoch sein Regierungssystem auf das
Prinzip der "rassischen Mehrheit" auf und vernachlässige die in der Verfassung
verankerten Rechte, gab der Autor zu bedenken. [29]
Daher könne die ungarische Minderheit
den Faschismus als politische Ideologie
nur - als Nötigung seitens der Mehrheit
- verurteilen. Der Faschismus besitze zugleich
aber auch eine gesellschaftliche
Stoßrichtung, Organisation und Selbstreflexion, behauptete der Autor, die
sich die ungarische Minderheit durchaus zu eigen machen könne, da mit diesen
Eigenschaften die gemeinsame Arbeit und der kulturelle Zusammenhalt der ungarischen
Minderheit besser zu sichern sei. Ein solcher Zusammenhalt würde in dem Moment
zum einzigen, das Überleben sichernden Mittel, in dem die ungarische Minderheit
eventuell von politischen Aktivitäten ausgeschlossen würde. Das Fazit des
Autors hieß dann, daß die ungarische Minderheit den (politischen) Faschismus
gänzlich verwerfen müsse, "aber zu einem kulturellen Fascio muss jeder all
seine Fähigkeiten hergeben, denn alles ist vergänglich, aber eine in eine
Kultur eingebettete Rasse dauert ewig". [30]
Der Autor greift also auf etymologische Ableitungen zurück,
um dadurch dem Faschismus eine Seite abgewinnen zu können, den die ungarische
Minderheit für sich verwerten kann. Bedauerlicherweise stellt er nicht die
Frage, ob (und wie) es möglich sei, nur diese eine, seiner Meinung nach der
Minderheit zuträgliche, Seite dieser Ideologie zu rezipieren und die Vermittlung
ebenfalls auf diesen einen Aspekt zu beschränken. Es wird allerdings auch
an diesem Artikel erkennbar, daß die Zeitschrift politische Entwicklungen
von der Minderheitenwarte aus betrachtete und wie in diesem Falle (beinahe
eindeutig) beurteilte. Nach diesen mehr abstrakten Überlegungen nutzte die
Zeitschrift die Möglichkeit, gegen konkrete faschistische Erscheinungen zu
protestieren. Anläßlich der Gründung eines rumänischen "Instituts der Nationalen
Aktion", das deutlich antidemokratische Züge trug und gegen die Juden und
Ungarn ins Feld zog, polemisierte der Autor eines Artikels mit dem vielsagenden
Titel "Der Konkurs der Demokratie?" gegen den Aufruf der Gründer, die wirr
gegen den Parlamentarismus, den Kapitalismus und die Minderheiten wetterten. [31]
Nach der Vorstellung des Programms stellt der Autor fest:
"Der in einem Minderheitenschicksal lebende Mensch kann notwendigerweise nichts
anderes denn ein Demokrat sein" (Übers. von mir, F.H.). Obwohl das politische
System Rumäniens sich sehr demokratisch gebe, so der Autor weiter, sei das
neue Wahlsystem von der "faschistischen italienischen Wahlreform ausgeliehen"
und in Rumänien gebe es eine Parteiendiktatur. Die Frage sei nur, in welche
Richtung sich der rumänische Faschismus entwickele, denn er sei nicht der
Faschismus Mussolinis, auch nicht der eines Primo de Rivera, denn diese neue
Bewegung hätte nicht einmal einen Kandidaten für den Posten des Diktators.
Daß der Autor die Namen Mussolini und Rivera nicht als positive Beispiele
betrachten wollte, wird daraus ersichtlich, daß er noch vor der Erwähnung
dieser Personen über antideutsche Massnahmen der italienischen Regierung in
Tirol als Beispiel für die Minderheitenfeindschaft des Faschismus berichtete.
Der Autor lehnte also den Faschismus als eine Diktaturform allgemein ab, da
dieser gegen die Minderheiten sei, behauptend, daß in Rumänien nur eine "Balkandiktatur"
möglich sei, die das Land jedoch nicht voranbringen könne.
Mehrfach bezog
die Zeitschrift im selben Jahr gegen Massnahmen der italienischen Regierung
Stellung, die eine Italienisierung angeblich eingedeutschter Namen in Tirol
bezwecken sollten. [32]
Den Kampf dagegen führte sie im Namen der Minderheitensolidarität,
schließlich, glaubte man, könne ein solches Beispiel Schule machen, doch auch
deshalb, weil die Zeitschrift sich dessen bewusst war, daß die Zahl der Minderheiten
durchaus einen Einfluss auf die Erfolge im Falle eines gemeinsamen Auftretens
haben kann. Ein weiteres unverkennbares Motiv lag natürlich in der Parallelität
der Fälle, denn die Behandlung der Deutschen in Italien erinnerte die Redaktion
an die Situation der Sathmarer Schwaben. Die Lage der Bevölkerung in jener
Gegend fand in der Zeitschrift früh Beachtung. [33]
Der Klage der Deutschen Tagespost, die sich darüber beschwerte,
daß die Sprache der dortigen Schulen das Rumänische wurde und nicht das Deutsche,
setzte die Zeitschrift entgegen, daß die "Schwaben" (die Zeitschrift selbst
setzte Einführungszeichen) durch einen natürlichen Assimilierungsprozess ihre
deutsche Sprache verloren hätten, was keine neue und beispiellose Erscheinung
in der Weltgeschichte sei. Es wäre ein Anachronismus, wenn die (früher einmal
deutsch sprechenden) Ungarn der Sathmar-Gegend plötzlich das Deutsche erlernen
und sprechen müssten. Die Auseinandersetzung um diese Menschen beschäftigte
die Zeitschrift in vielen Artikeln, die einerseits konkret die "friedliche"
Assimilation belegen sollten, andererseits auf die Konsequenzen der schwäbischen
Forderungen hinwiesen. [34]
Diese Konsequenzen zeigte erneut Jakabffy in einem Leitartikel
anläßlich einer Auseinandersetzung mit einem Aufsatz des sächsischen Politikers
Richard Csaki auf. [35]
Nachdem er zunächst die italienische Verordnung zur Italianisierung
der Familiennamen (der Tiroler) erläuterte, welche
- weil "faschistisch" -, er
als Gefahr für die Achtung der Minderheitenrechte kennzeichnete, äußerte Jakabffy Verständnis für
die daraus entstandene Verbitterung der Deutschen in Italien wie in Rumänien,
in diesem Zusammenhang auf einen Artikel in der Zeitschrift "Ostland" verweisend. [36] Diesem Artikel über Südtirol stellte er den in derselben
Zeitschrift ("Ostland") erschienenen Artikel Csakis gegenüber, dessen Gegenstand
die Frage der Sathmarer Schwaben bildete. Es sei bedauerlich, so Jakabffy,
aber wenn man die Argumente beider Artikel nebeneinander stellt, bekommt man
den Eindruck, daß "Mussolinis Geist auch in der Gegend um Sathmar Einzug gehalten"
habe. Es sei bereits eine Beleidigung, wenn Csaki über die ungarischen Lehrer
der Gegend behaupte, sie kennten nicht einmal den Namen Schillers. Es sei
aber eine direkte Äusserung von Mussolinis Geist, wenn Csaki meinte, alle
Ungarn jenes Gebietes seien dem Deutschtum zurückzugewinnen und sein Fazit
sei (hier zitiert Jakabffy direkt aus Csakis Artikel): "An uns liegt es, diesen
wunderbaren Vorgang sorgsam zu pflegen - das große deutsche Volk wird den
Zuwachs an etwa 50 000 Seelen als Frucht einheimsen". Mit dem 'Vorgang' war
der Prozess der Regermanisierung gemeint. Dieser Artikel, wie überhaupt die
Auseinandersetzung mit den Deutschen um die Sathmarer Schwaben scheint in
Jakabffy eine große Enttäuschung verursacht zu haben, denn noch ein Jahrzehnt
später machte er diesen Artikel den Deutschen Rumäniens pauschal zum Vorwurf.
Dennoch war sein Fazit kämpferisch, wenn er schrieb, daß, wenn sich die Führungspersönlichkeiten
der Deutschen den Geist Csakis sich zueigen machten, es die ehrenhafte und
sittliche Pflicht der ungarischen Minderheit sei, den Kampf gegen diesen Geist
aufzunehmen. Die Deutschen dagegen sollten lieber ihre "Deutschland, Deutschland
über alles" - Ideologie beiseite legen und sich in den Dienst einer edleren
Idee stellen.
Diese ersten
Stellungnahmen dokumentieren, daß die Zeitschrift frühzeitig die Gefahr erkannte
und benannte, die vom Faschismus den Minderheiten gegenüber drohte. Die Grundeinstellung
der Zeitschrift war dementsprechend die der Ablehnung, die sich noch verstärkte,
als sie die (theoretisch erkannte) Minderheitenfeindlichkeit des Faschismus
in der Praxis bestätigt sah. Nicht nur die Lage der Deutschen in Südtirol
machte ihr dabei Sorgen [37]
, sondern die (vermeintliche) Übernahme faschistischer Ideen
durch andere Völker und Volksgruppen ebenso. Dabei sah sich die Zeitschrift
doppelt betroffen, als sie den Deutschen Rumäniens Nähe zum italienischen
Faschismus unterstellte: Einerseits in ihrer Eigenschaft als Sprachrohr der
ungarischen Minderheit und Anhänger einer deutsch-ungarischen Zusammenarbeit
in Rumänien, andererseits als Befürworter des allgemeinen Minderheitenschutzes
und -solidarität, die sie durch den Faschismus verletzt sah. Es darf allerdings
auch nicht vergessen werden, daß ein Kommentator der Zeitschrift zumindest
einen Aspekt des Faschismus, der den kulturellen Zusammenhalt einer Volksgruppe
betraf, für nachahmenswert erklärte.
Die Beschäftigung
mit dem Faschismus dauerte in der Zeitschrift weiter fort, dabei erscheint
es im Zusammenhang mit der Fragestellung dieser Arbeit interessant, ob die
Zeitschrift darauf reagierte, daß Mussolini nach 1925/1926 die revisionistischen
Aspirationen Ungarns offen anerkannte und unterstützte. [38]
Nachdem in den Anfangsjahren der Zeitschrift jeglicher
Anklang an Irredentismus peinlichst vermieden wurde, erschienen 1926 mehrere
Artikel mit Titeln wie: "Wie lange bleiben wir eine Minderheit?" oder "Panirredenta
- der heilige Irredentismus". [39] Selbstverständlich erwähnten diese Artikel weder Ungarns
Unterstützung durch Mussolini, noch trafen sie eine direkte revisionistische
Aussage. Sowohl diese als auch eine
Reihe anderer Artikel propagierten, dies allerdings mit einem auffallenden
Enthusiasmus, lediglich die Paneuropa-Bewegung des Grafen Coudenhove-Calergi,
die letztlich eine Aufhebung der Grenzen erreichen wollte. Dem Irredentismus
erteilten diese Artikel [40]
zwar eine grundsätzliche Absage, und doch stellten sie
paradoxerweise im Namen einer höheren Idee die Grenzen in Frage, ohne zu erläutern,
wie diese beiden Vorstellungen miteinander in Einklang zu bringen sind. [41]
Dies lässt freilich darauf schließen, daß, nach der für
die ungarische Minderheit enttäuschenden Verfassung (1923), nach der ersten
unfruchtbaren Zusammenarbeit mit den Liberalen (1923-1925), den ersten Verwaltungsreformen,
mithin nach der gemachten Erfahrung mit dem politischen System Großrumäniens
(zumindest) in Teilen der ungarischen Minderheit der Wunsch nach der Lösung
der eigenen Probleme im supranationalen Rahmen immer größere Verbreitung fand.
Dieser Wunsch fiel zeitlich mit ersten aussenpolitischen Erfolgen Ungarns
in den Jahren 1926/1927 zusammen. [42]
An der Einstellung der Mitarbeiter zum Faschismus scheinen
solche Artikel jedoch insgesamt wenig geändert zu haben, haben, denn ein weiterer
Artikel verurteilte - mit deutlichem
Wink an die Adresse der Deutschen - eine
damals aufgekommene Praxis, die aus dem Namen auf die ethnische Zugehörigkeit
der jeweiligen Person schließen wollte. [43]
Der Autor belegte die Ergebnislosigkeit solcher Versuche
mit einer Überfülle an Beispielen, die Konsequenz ziehend, daß es jedem selbst
überlassen bleiben sollte, welcher Ethnie er sich zugehörig fühlte. Die wachsende
Enttäuschung eines Teils der ungarischen Intellektuellen Mitte der Zwanziger
verdeutlicht die "Bittere Klage" Spectators. [44]
Die Hauptursache für seine bittere Klage, so Spectator,
sei der Mangel an innerer Organisation der ungarischen Minderheit selbst.
Es gebe viele Möglichkeiten innerer Organisation, wovon die Beispiele, die
der Faschismus biete, nur einige seien. Sie seien jedoch schnell einzuführen
und dringend notwendig, wenn die ungarische Minderheit nicht sich selbst zugrunde
richten wolle. Dies bedeute aber keine Irredentatätigkeit, denn dazu seien
Finanzmittel unentbehrlich, die die ungarische Minderheit nicht einmal für
das Überleben der eigenen Institutionen locker machen würde. Der Autor wollte
die ungarische Minderheit mit diesem Artikel aufzurütteln, damit sie ihre
Geschicke aktiv in die eigene Hand nehme. Dem Verfasser des Artikels "Bolschewismus
oder Faschismus?" (s.o.) ähnlich sah auch Spectator den Faschismus nicht ausschließlich
(wie etwa Jakabffy) als eine minderheitenfeindliche und Gewalt verbreitende
Ideologie an, sondern stellte dessen innere Struktur und den organisatorischen
Aufbau als durchaus nachahmenswert dar.
Dieser Artikel
verdeutlicht paradigmatisch die geistige Situation der ungarischen Minderheit
Mitte der zwanziger Jahre: Sie hatten den Eindruck, daß auf internationaler
Ebene das Minderheitenproblem immer stärker in den Hintergrund trat, wodurch
die Minderheiten zwangsläufig zunehmend den verschiedenen Ideologien und Assimilierungsbemühungen
der Mehrheit ausgeliefert würden. Dieser Eindruck verursachte teils Verbitterung
und Enttäuschung, teils aber auch eine trotzige "Dennoch" - Haltung, die um
so stärker vor den Gefahren irreführender Ideologien und entnationalisierender
Maßnahmen warnte bzw. sich für die Wahrung der Minderheitenrechte einsetzte.
Diese Einstellung ist am deutlichsten an einem Aufsatz von Jakabffy mit dem
Titel "Richard Csaki és Tóth Károly" abzulesen. [45]
Der Artikel, verfasst zur Zeit der deutsch-ungarischen
Kooperation im rumänischen Parlament, prangert den "imperialistischen Geist"
in Teilen der Gesellschaft Ungarns und der deutschen Minderheit Rumäniens
an, erneut mahnend, daß "intra muros peccatur et extra". Für Jakabffy waren
beide Personen lediglich Exponenten derselben Gesinnung, die
- ähnlich wie das System Mussolinis -
durch ihre minderheitenfeindliche Bestrebung nicht nur die Beziehungen
zwischen den Minderheiten innerhalb eines Landes, sondern auch auf internationaler
Ebene vergifte. [46]
Hier verurteilte Jakabffy nicht nur erneut die assimilierende
Minderheitenpolitik Mussolinis, ohne (wie Pásint oder Spectator) zu versuchen,
gewisse Aspekte des Faschismus für nachahmenswert darzustellen, sondern distanzierte
sich gleichzeitig auch von den gleichgerichteten 'Ultranationalisten' in Ungarn.
Das Jahr 1929
kann in zweierlei Hinsicht als eine Wende gelten: Die Zeitschrift schlägt
teils revisionistische Töne an und gesteht zugleich eine gewisse nationalistische
Grundhaltung innerhalb der Bevölkerung ein. Die differenzierte Darstellung
des italienischen Faschismus bleibt aber weiterhin bestehen, wie etwa am Artikel
"Fiat applicatio" ablesbar ist. [47]
Den Hintergrund dieser politologischen Betrachtung über
Staatsformen im 19. und 20. Jahrhundert lieferte der Lateranvertrag zwischen
dem Vatikan und Italien. In diesem machte Mussolini, so der Autor, prinzipielle
und finanzielle Zugeständnisse an partikulare Bestrebungen zum Nachteil der
territorialen Einheit. Das Bemerkenswerte am Vorgang sei, daß Mussolini, einem
solchen Vertrag, der das, laut Verfasser, anachronistische Prinzip der Staatseinheit
zunichte machte, zustimmte. Zugleich dürfe man nicht vergessen, hob der Verfasser
kursiv hervor, daß Italien das einzige Land seit dem Krieg sei, dem aussenpolitische
Erfolge gelungen waren. Diesem Beispiel Mussolinis müsse auch Maniu folgen,
baute der Autor die Brücke zur Lage in Rumänien, und sich vom Phantom des
unitarischen Staates verabschieden, denn der zeitgemässe Staatsaufbau sei
der dezentralisierte Staat, der partikularen Interessen selbst zum Nachteil
"jeglicher moralischer und realer Grundlage
entbehrenden Einheit" nachgebe (Hervorh. im Orig., F.H.). Dieser Artikel
ist in vielerlei Hinsicht bedeutsam. Er entstand in einer für die ungarische
Minderheit schwierigen und demoralisierenden Lage, denn der lang ersehnte
Machtwechsel (1927) brachte keinerlei Veränderung ihres Loses, auch die Kooperation
mit der deutschen Minderheit endete (1928) ergebnislos. Die rechtlichen, verwaltungstechnischen
und politischen Erfahrungen mit dem Staat sowie mehrfache Ausschreitungen
rumänischer Nationalisten gegen die (jüdischen und ungarischen) Minderheiten
seit 1926/1927 machten die Bilanz des ersten
Jahrzehnts in Großrumänien zu einem Negativum. Parallel hierzu verliefen bedeutsame
aussenpolitische Ereignisse. Nach Jahren aussenpolitischer Passivität ging
Ungarn 1926/1927 zur Offensive über und der Ministerpräsident, Bethlen, sprach
seit 1927 offen über Revision. Der erste große diesbezügliche Erfolg war 1927
der Freundschaftsvertrag mit Italien, dessen Duce immer deutlicher eine Grenzrevision
zugunsten Ungarns befürwortete. In dasselbe Jahr fiel die sog. Rothermere-Aktion,
in der sich der englische Lord für eine Grenzkorrektur zugunsten Ungarns aussprach,
was in den Staaten der Kleinen Entente für Unruhe sorgte. Die Jahre 1928/1929
brachten für Ungarn weitere Freundschaftsverträge (etwa mit Österreich) und
die Intensivierung der nunmehr offiziell
betriebenen Revisionspropaganda in Westeuropa. [48] Vor dem Hintergrund dieser innen- wie aussenpolitischen
Entwicklungen sowie weiterer Aussagen in der Zeitschrift aus dem selben Jahr
muß daher eine Zäsur in der Einstellung der Zeitschrift festgestellt werden,
da sie eine (wenngleich zeitweilige) Abkehr von der vorher gültigen antirevisionistischen
und antiirredentistischen Haltung vollzogen hat.
Obzwar es
auch vorher schon Aussagen gab, die sich einer Metaphorik bedienten, die eine
Ablehnung des rumänischen Staates bedeuten konnten [49]
, erfahren solche Sätze, wonach die Einheit (des rumänischen
Staates) jeglicher moralischen und realen Grundlage entbehre (s.o.), nun vor
dem geschilderten Hintergrund und im Kontext weiterer direkter revisionistischer Aussagen eine neue Bedeutung. Solche Aussagen
finden sich teilweise bereits in einem Artikel mit der Überschrift "Revisionspanik". [50]
Der Anlass zu diesem Beitrag war eine Rede des ungarischen
Ministerpräsidenten Bethlen, in dem dieser über die revisionistischen Ansprüche
Ungarns gesprochen hatte. Der Autor wunderte sich über die (seiner Meinung
nach übertriebene) Reaktion der Staaten der Kleinen Entente, da, wie er meinte,
der Revisionismus nichts Neues sei und der Friedensvertrag sowie die 'Verfassung'
des Völkerbundes ihn zuließen. Der Zweck des Revisionismus, der Anhänger in
der europäischen und der Weltöffentlichkeit besitze, sei nur, die Zukunft
der Völker wie der Menschheit insgesamt auf gesündere Grundlagen zu stellen.
Anhänger des Revisionismus seien Staaten wie die USA, England und Italien
doch selbst Frankreich könne sich der neuen Weltlage nicht mehr verschließen.
Die ungarische Minderheit Rumäniens, so der Verfasser dieses Artikels, könne
in dieser Situation nicht die revisionistischen Bestrebungen Ungarns verurteilen,
was ein rumänischer Abgeordneter vergeblich "im Interesse der ungarischen
Bevölkerung Rumäniens" fordere. Die ungarische Minderheit könne ja nicht die
emotionale und geistige Gemeinschaft mit Ungarn verleugnen. Man könne von
ihr zwar alle materiellen Werte konfiszieren, doch mehr als passive Loyalität könne sie nicht anbieten (Hervorh. im Orig., F.H.).
Das Fazit des Autors war, daß der Revisionismus nicht unbedingt gewaltsam
Gebiete verändere, sondern eher eine neue geistige und rechtliche Ordnung
schaffe, die es ermögliche, die mancherorts in gegensätzliche Schicksalsgemeinschaft
gezwungenen Besiegten und Sieger miteinander zu befrieden. Dieser Artikel
schlug einen neuen Ton an, was das Thema Grenzen und Revisionismus anbelangte.
Dominierten in der Zeitschrift anfangs die Dementis irredentistischer Vorwürfe
und wich diese Einstellung einer Paneuropaeuphorie Mitte der Zwanziger, so
herrschte hier das erste Mal eine Überzeugung vor, die versuchte, den Revisionismus
in einen größeren weltpolitischen Kontext und ein positives Licht zu stellen.
Der Verfasser konnte zwar nicht offen zugeben, daß die ungarische Minderheit
eine Veränderung der Staatsgrenzen wünsche oder gar anstrebe, doch die Erklärung
des Zusammengehörigkeitsgefühls mit dem Mutterland (in Zeiten intensivster
revisionistischer Propaganda seitens Ungarns), die positive Charakterisierung
des Revisionismus als einer Strömung, die der Menschheit eine gesündere Zukunft
sichere (wohl im Gegensatz zur 'ungesunden' Gegenwart), die Betonung, daß
die Großmächte ebenfalls Befürworter eines Revisionismus seien (was durchaus
zu hinterfragen ist [51]
), erlauben die vorsichtige Folgerung, daß manche Mitarbeiter
der Zeitschrift von der bisherigen antirevisionistischen Einstellung zumindest
Abstand genommen hatten, wenn sie nicht gar eine Abkehr vollzogen. Schließlich
leitete die Redaktion diesen Beitrag mit der Bemerkung ein, daß, obzwar die
Ungarische Landespartei die revisionistischen Bewegungen als zur Innenpolitik
anderer Staaten gehörig ansehe, die Zeitschrift "gerne diese wahrhaft interessanten
Gedankengänge" veröffentliche. Da sich die Zeitschrift die Meinung der Ungarischen
Partei gewöhnlich zueigen machte, ist ihre Distanzierung von der Partei in
der heiklen Angelegenheit des Revisionismus um so auffälliger und bedeutsamer.
Es bleibt freilich zu fragen, was unter einer neuen "geistigen und rechtlichen
Ordnung", die der Revisionismus ohne gewaltsame Veränderungen schaffen soll,
zu verstehen sei. Wenn der Autor an die bereits 1919/1920 existierende Vorstellungen
über ein autonomes Siebenbürgen dachte oder wenn er mit der neuen "geistigen
Ordnung", die die verschiedenen Völker miteinander befriede, den damals sich
in Blüte befindenden Transsilvanismus meinte [52]
, so ist ihm die ausgebliebene Präzisierung seiner Gedanken
vorzuwerfen. Zwei weitere, ähnlich gelagerte Stellungnahmen verdienen in diesem
Zusammenhang Aufmerksamkeit, wobei beide zu der Kategorie gehören, die nur
vor diesem zeitlichen Hintergrund und in diesem Kontext ein Gewicht erlangen
können. In einem Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre seit der Vereinigung
Rumäniens, mit der (vielsagenden) Erwähnung rumänischer Propaganda gegen die
Einheit Ungarns vor dem Krieg und der Feststellung, daß es siebenbürgisch-rumänische
Politiker gebe, die mit der aktuellen Situation der Rumänen nicht zufrieden
seien, folgert der Autor, daß nach den Einheitsfeiern und der bisherigen Erfahrung
alles behauptet werden könne, nur nicht, daß die Einheit durch eine "geschichtliche
Wahrheit, als geopolitische und staatsbildende Kraft" zustande gekommen sei. [53]
Was könne nun das Ungarntum machen, reflektiert derselbe
Autor, der kurze Zeit später den oben vorgestellten Artikel über den Revisionismus
veröffentlichen sollte. Es leide weiterhin unter dem offensichtlichen Unrecht,
so der Verfasser, und tue weiterhin das, was es bis dahin getan habe, hoffe
nämlich weiter und vertraue auf das Gewissen der Welt und der Völker, denn
"mächtige Kraft ist die Wahrheit!". Dieser Artikel gehört ebenfalls zu der
in Anmerkung 50 erwähnten Art, die eine mehrdeutige Auslegung erlauben und
vordergründig unscheinbar sind. Bedeutung gewinnen solche Aussagen, die etwa
im Dunkeln lassen möchten, worauf die Ungarn weiterhin hoffen und wie die
obige Wahrheit eigentlich beschaffen sei, erst dann, wenn man sie in Beziehung
zu anderen Aussagen setzt. Im vorliegenden Fall wird die Deutung dadurch erleichtert
(und legitimiert), daß es sogar derselbe Autor ist, der sich kurze Zeit später
zur Zusammengehörigkeit aller Ungarn bekennen und behaupten wird, daß die
Ungarn Rumäniens lediglich 'passive Loyalität' zu diesem Staat besäßen (s.o.).
Der Ausdruck 'passive Loyalität' soll demnach signalisieren, daß die ungarische
Minderheit zwar keinerlei staatsfeindliche Aktivitäten unternehmen, aber auch
nichts zur Verteidigung des Landes tun würde und die in das Gewissen der Welt
gesetzte Hoffnung (s.o.) müsste dann die irgendwann zu erfolgende Revision
sein. Die Abkehr von der Ablehnung der Revision hin zu einer stillschweigenden
Unterstützung nahm somit allmählich Konturen an. Diese hermeneutische Vorgehensweise
bei der Interpretation mancher Artikel ist vollends gefordert bei dem Artikel
"Zerrspiegelbild" von Meskó, der bereits 1924 über die Veränderbarkeit der
Grenzen sinnierte (vgl. Anm. 50). [54]
Er gab in diesem 'Spiegel' die Meinungen eines "alten Rumänen"
wieder, der über die Ungarn nachdachte, wobei freilich leicht zu erkennen
ist, daß es sich hier um ungarische Selbstspiegelung handele, nur daß der
Autor sie, um ihre Härte und Direktheit zu mildern, als 'Zerrspiegel' titulierte.
Hier interessiert der Teil des Monologs dieses "alten Rumänen", in dem er
die ungarischen Dementis auf die Irredentavorwürfe rundheraus als lächerlich
bezeichnet, da doch jeder Rumäne wisse, wie die Ungarn eingestellt seien.
Es hieße schließlich, die Ungarn zu verachten, wenn man ihnen glaubte, was
sie offiziell sagten. Aber der Irredentismus sei kein Ruhm, sondern "innerer
moralischer Zwang und eine, unter fremdem, ja feindlichem Druck entstandene
natürliche Sehnsucht von der Stiefmutter nach der leiblichen Mutter". Auch
dieser Beitrag kann je nach Deutung entweder tatsächlich als ein harmloser
innerer Monolog eines alten Rumänen angesehen, oder aber als ein in die obige
Reihe der den Revisionismus unterstützender Artikel eines ungarischen Journalisten
aufgefasst werden. Der zeitliche aussen- wie innenpolitische Kontext legt
allerdings, genauso wie das Umfeld, in dem der Text erschien, nahe, auch diesen
Artikel als eine revisionsfreundliche Aussage zu lesen, wenn der Revisionismus
durch den Verfasser als "moralischer Zwang" und "natürliche Sehnsucht (...)
nach der Mutter" gepriesen wird..
Welche Bedeutung
muß man nun dieser erfolgten Umkehr beimessen? Veränderte sich - und falls ja, inwiefern - die Wahrnehmung
des Faschismus durch diese zumindest offener gewordene Haltung dem Revisionismus
gegenüber? Lief die Zeitschrift nach der Propagierung der Minderheitensolidarität
in den ersten Jahren ihres Bestehens nunmehr konsequenterweise in das nationalistische
Lager über oder vermochte sie gar glaubwürdig zwischen der Befürwortung des
Revisionismus und der Reaktion auf den Faschismus zu trennen? Diese Fragen
gewinnen an Bedeutung, wenn man zugleich die Aussagen eines Aufsatzes vergegenwärtigt,
der sich mit den geistig-politischen Einstellung der ungarischen Jugend beschäftigt. [55]
Während die Jugend Ungarns in Teilen große Affinität zu
diktatorischer Staatsordnung nach dem Muster Italiens zeige und vor allem
unter deutschem Einfluss stehe, sei die ungarische Jugend Siebenbürgens, so
der Autor, eher frankophil. Der Verfasser erklärte dies damit, daß der "pangermane
Geist", der sich bei der sächsischen Jugend teilweise beobachten lasse, die
bisherige Sympathie der ungarischen Jugend für alles, was deutsch sei, jetzt
mindere. Bei der ungarischen Jugend Rumäniens sei zwar auch ein starker Nationalismus
festzustellen, doch der sei, laut Verfasser, eher die Liebe zum eigenen Volk,
denn ein Hass auf andere Völker. Hierzu ist die Anmerkung nötig, daß der Autor
sowohl einem Teil der ungarischen Jugend in der Vojvodina als auch in Oberungarn
(Tschechoslowakei) denselben Geist zuschreibt, wie der Jugend in Ungarn, aber
allein die ungarische Jugend Siebenbürgens seltsamerweise hiervon ausnimmt,
ohne seine Behauptung zu belegen. Diese sei 'nur' "stark nationalistisch",
wobei auch dieser Autor unter Nationalismus (selbst unter einem 'starken')
nur eine Liebe zur eigenen Ethnie verstehen wollte, die sich nicht gegen andere
richtet. [56]
Wenn man nun eine Verbindung zwischen einer revisionsfreundlichen
Haltung und einer (wohl doch vorhandenen) nationalistischen Einstellung knüpfen
kann, was dem Verfasser dieser Arbeit einleuchtend erscheint, wenn eine Episode
auf der Sitzung der Ungarischen Partei (s.u. Anm. 56) sowie das Profil der
"Erdélyi Lapok" berücksichtigt werden, dann ist die Folgerung nahe liegend,
daß innerhalb von Teilen der ungarischen Gesellschaft beginnend mit den dreißiger
Jahren sich ein Rechtsruck vollzog.
Die Zeitschrift
'Magyar Kisebbség' hat aber diese Bewegung nicht mitgemacht - dies verdeutlichen
die Artikel, Mitteilungen und Aufsätze der nächsten Jahre. Diese antifaschistische
Haltung bekräftigten die Redakteure der Zeitschrift noch im selben Jahr der
bereits geschilderten Abkehr. Als Beispiel dafür, "wozu der Faschismus fähig"
sei, nannten sie eine italienische Verordnung, die das Entfernen deutscher
Aufschriften von allen Gegenständen, gleich ob auf Gläsern, Bestecken oder
sonstigen Einrichtungsgegenständen, anordnete. [57]
In der selben Rundschau erfolgte eine erneute grundsätzliche
Distanzierung vom Faschismus, wobei die Redakteure nun explizit hinzufügten,
daß ihre Verurteilung des Faschismus "nicht einmal jene Sympathie verhindert,
die unsere ungarischen Brüder jenseits der Grenzen für die Italiener hegen.
Wir müssen im Dienste des universalen Minderheitenprinzips die Ungerechtigkeiten
des Faschismus den Minderheitennationen gegenüber aufs Schärfste verurteilen". [58]
Die Zeitschrift bestand demnach weiterhin auf der Verurteilung
des Faschismus wegen dessen Politik den Minderheiten gegenüber. Sie musste
dies aufgrund der früher erkannten Gefährdung der Minderheitenexistenz tun,
denn ein Faschismus, den sie (z.B. für Italien) gut geheißen hätte, hätte
sie unmöglich auch in Rumänien begrüßen können. Das sprach die Zeitschrift
offen aus, zugleich auch die Vergeblichkeit jeglicher Stellungnahme seitens
der ungarischen Minderheit betonend, da eine solche zwangsläufig theoretisch
bleiben musste:
"Das heutige siebenbürgische Ungarntum, mag es demokratisch,
mag es faschistisch oder auch sonst gegen den Parlamentarismus sein, mag es
sich müßigerweise für eine Diktatur begeistern, Anhänger des Zentralismus
oder im Gegenteil der weitestgehenden Territorialautonomie sein, seine diesbezügliche
Stellungnahme ist vollkommen theoretisch, denn nicht wir geben die Richtung
des Staates vor ... Nicht wir verfügen über unser Schicksal ... Das Minderheitenschicksal
bringt es auch mit sich, daß selbst wenn wir theoretisch Anhänger einer gewissen
Richtung sind, wir oftmals unsere Ideale den allgemeinen Interessen der ungarischen
Minderheit opfern müssen. Möge sich jemand noch so sehr für Mussolini und
den Faschismus begeistern, kann dennoch kein siebenbürger Ungar es wünschen,
Mussolini solle in Rumänien Nachahmer finden, denn die harte Hand einer eventuellen
Diktatur schlüge uns zuerst ..." (Übers. v. Verf. dieser Arbeit). [59]
Die Redakteure
der Zeitschrift zogen also, obwohl allem Anschein nach zumindest ein Teil
der Mitarbeiter revisionistischem Gedankengut gegenüber offen war, die folgerichtige
Konsequenz, daß die Unterstützung des Faschismus weder im Interesse der ungarischen
noch irgendeiner Minderheit sein kann: "Das medizinische Mittel der europäischen
Minderheiten heisst: Minderheitenrechte und nicht Minderheitenunterdrückung". [60]
Dieses Festhalten an der Idee der Minderheitensolidarität
und der Vorstellung, daß das Minderheitenproblem nur im internationalen Rahmen
über allgemein anerkannte Minderheitenrechte sich lösen lasse, bei ständiger
effektiver Überwachung, blieb also eine Konstante der Zeitschrift. Der Kontroverse
um den Antisemitismusvorwurf gegenüber der Ungarischen Partei räumte das Blatt
(auch daher) viel Platz ein [61]
, erklärte aber den Vorwurf selbst für unangebracht und
bezeichnete die Juden als wichtige Mitstreiter für mehr Minderheitenrechte. [62]
Für den Zusammenhang dieser Arbeit ist es wesentlich, daß
die Stellungnahme 1932 erfolgte, inmitten wachsender antisemitischer Kräfte
nicht nur im Westen Europas, sondern auch in Rumänien und in Ungarn selbst.
Die Reaktion
der ungarischen Öffentlichkeit wie der ungarischen politischen Elite Siebenbürgens
auf die Machtergreifung Hitlers im Januar 1933 ist ein bislang weitgehend
unerforschtes Gebiet. Dennoch scheint - nach bisherigen Erkenntnissen - ein Großteil der Presse, vermutlich mit Ausnahme der Erdélyi Lapok 1933
antideutsche Stimmung verbreitet zu haben, angeblich aus taktischen Erwägungen,
da die Befürchtung vorgeherrscht haben soll, daß das Ausland positive Aussagen
über den Nationalsozialismus mit den ungarischen Revisionsbestrebungen in
Zusammenhang bringen würde, woraus den Ungarn Rumäniens Schwierigkeiten erwachsen
wären. [63] Eine erste ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
fand in der Zeitschrift erst 1934 in einem Artikel des ungarischen Abgeordneten
Hegedüs statt. [64]
Nach der Darstellung der Differenzen zwischen der Theorie
über Wahlen und der tatsächlichen Praxis, knüpfte Hegedüs allgemeine Überlegungen
zur Zukunft der Demokratie an. Er äußerte die optimistische Auffassung, daß
die "Welle der Diktaturen" ihren Höhepunkt erreicht habe. Sowohl der Faschismus
als auch der 'Hitlerismus' seien Konterrevolutionen, die sich gegen den Fortschritt
richteten, weshalb sie auch nur Übergangserscheinungen darstellten, denn die
Zivilisation könne nicht für Jahrhunderte zurückfallen. Auch wenn sich diese
Diktaturen zur Zeit der Unterstützung großer Menschenmassen erfreuten, würden
sie über kurz oder lang stürzen, so daß die "Entwicklung des menschlichen
Geistes" nicht aufzuhalten sei. Welches Schicksal erwarte aber die Minderheiten
wenn sie bereits bei parlamentarischer Regierungsform vollends unterzugehen
drohten, in einer (Halb-) Diktatur, fragte sich der Autor. Es gebe genügend
Beispiele, meinte Hegedüs, die geradezu abschreckend seien, indifferent, ob
an die vollständige Unterdrückung der Deutschen in Italien oder an die Entrechtung
der Juden in Deutschland gedacht werde. Die Minderheiten dürften daher keineswegs
glauben, so das Fazit von Hegedüs, daß der Wechsel von der Demokratie (und
den mit dieser verbundenen Parteikämpfen) zu einem autoritären Staat (den
angebliche Fachmännern regierten) ihre Lage verbessern könne. Die Minderheiten
müssten also selbst im Rahmen einer Demokratie für die Verwirklichung ihrer
Rechte und Ansprüche arbeiten und dürften hierin von keiner Seite auf Unterstützung
hoffen. Das Wesentliche am Aufsatz Hegedüs' ist, im Zusammenhang dieser Arbeit,
die Beurteilung und Gleichsetzung des Faschismus mit dem Nationalsozialismus
aus dem Blickwinkel der Minderheiten. Der Verfasser vertrat erneut die allgemeine
Linie des Blattes, wenn er darauf bestand, diese Ideologien anhand ihrer Behandlung
der Minderheitenfrage zu beurteilen, was für ihn nur das folgerichtige Ergebnis
ihrer Verurteilung haben konnte. Die Ablehnung des Nationalsozialismus durch
die Zeitschrift verstärkte sich in den folgenden Jahren und die Stellungnahmen
erhielten zusätzlich gegen die Sachsen gerichtete Spitzen. Dies wird deutlich, wenn
die Ausführungen Jakabffys zum Führerprinzip dargestellt werden, die sich
auch gegen in sächsischen Kreisen propagierte Ideen richteten: "Ich gebe es
zu, daß dieses politische System große Mächte eine Zeit lang erfolgreich führen
kann, doch ich bezweifle es, daß wenn kleine Nationen und Volksminderheiten
ihr politisches und kulturelles Leben in einer Kasernenmentalität führen,
daraus wahrhafter Nutzen (...) folgen kann. Ich bezweifle, daß an der Spitze
der Minderheitsnationen der Führer ein Heros sein kann, wo er doch lediglich
über moralische Macht verfügt und ihm jene Mittel des Zwanges fehlen, ohne
die der Führer nur eine Operettenfigur sein kann" (Übers. v. Verf. dieser
Arbeit). [65]
Indem Jakabffy das Führerprinzip so vehement mit der Begründung
ablehnte, daß ein "Führer" an der Spitze einer Minderheit (hierbei dachte
er offensichtlich an die Sachsen, da aus Kreisen der ungarischen Minderheit
Bestrebungen, eine "Führerfigur" aufzubauen, bislang unbekannt sind) nur lächerlich
wirke, da er gegen den Willen einer Mehrheit nichts erreichen könne, legte
er zugleich auch ein unmissverständliches Zeugnis für die Demokratie ab, in
der nicht ein Einzelner, sondern die Gemeinschaft Entscheidungen trifft. Die
Minderheitenpolitik der faschistischen Regierungen fand im selben Jahr erneut
die Kritik Jakabffys, der den italienischen Faschismus als das klassische
Musterbeispiel der Unterdrückung bezeichnete.
Die kritische
Einstellung zum Faschismus gehörte Mitte des vierten Jahrzehnts demnach zum
Grundtenor der Zeitschrift. Sie erstreckte sich nicht nur auf die Verurteilung
des italienischen Faschismus und des Nationalsozialismus, sondern ergriff
auch im spanischen Bürgerkrieg Partei für die betroffenen Katalanen (gegen
die Nationalisten) und missbilligte den Italienisch-Abessinischen Krieg. In
der Auseinandersetzung mit diesen Ideologien beharrte die Zeitschrift auf der ununterbrochenen Wiederholung der Gefahr,
die den Minderheiten und dem europäischen Frieden durch die Erfolge der faschistischen
Systeme drohten. Mit Zustimmung übernahm die Redaktion daher einen Artikel
der budapester Zeitschrift "Uj Kor" (Neues Zeitalter), in dem einige Äußerungen
Alfred Rosenbergs, des Hauptideologen der Nationalsozialisten, kritisiert
wurden. [66]
Die deutlichste und grundsätzlichste Ablehnung erfuhr der
Nationalsozialismus in der Zeitschrift "Magyar Kisebbség" aber durch die zustimmende
Übernahme einiger Gedanken aus einem zeitgenössischen Buch mit dem Titel "Die
Genese des Dritten Reiches". [67]
Diese geistesgeschichtliche Untersuchung ordnete den Nationalsozialismus
"unter jene geschichtlichen Phänomene ein, die auf eine destruktive Art konstruktiv
sind, sich also mit großer Kraft dem allgemeinen Gang der geschichtlichen
Entwicklung widersetzen, und zwar so (...) daß es früher oder später zu einem
Zusammenstoß zwischen ihr und der allgemeinen Richtung der Entwicklung kommen
wird" (Übers. von mir, F.H.). Dieser Zusammenstoß werde den Nationalsozialismus
vernichten oder zumindest stark verändern, aus ihm werde die das Zeitalter
dominierende Kraft siegreich hervorgehen, doch auch diese selbst verändere
sich. Bei der näheren Bestimmung der 'konstruktiven Kraft' wird der Autor
undeutlich: "[Sie ist] auf keinen Fall der Nationalsozialismus...". Soweit
es seine geschichtsphilosophische Einstellung zuließ, äußerte der Autor auch
seine persönliche Einschätzung: "Die Geisteswelt und die Machtergreifung des
Nationalsozialismus können wir als Mensch nicht gut heißen (...) auf den Nationalsozialismus
wartet eine große Rolle. Diese Rolle ist unter menschlichen und moralischen
Gesichtspunkten ein negativer Faktor, weil (...) er auf dem Höhepunkt seiner
Entwicklung vermutlich zu neuen Katastrophen und Umstürzen führen wird ...".
Diese Stellungnahme kann als eine Ausnahme angesehen werden, weil der Verfasser
einmal nicht die universale Minderheitenfrage zum Angelpunkt seiner Erörterungen
machte, was insofern als ein positiver Faktor anzumerken ist, als dadurch
die Meinungspalette der Zeitschrift erweitert wurde. Der Nationalsozialismus
erfuhr mithin nicht nur unter dem Aspekt seiner Minderheitenbehandlung eine
Ablehnung, sondern auch wegen seiner Einordnung unter zerstörende und kriegsverursachende
Ideologien. Die Stärke dieser Interpretation
- daß sie nämlich versuchte, den Nationalsozialismus ideengeschichtlich
einzuordnen - ist aber zugleich auch ihre Schwäche: Sie setzte
einmal ein stillschweigendes Einverständnis mit einer Geschichtsphilosophie
hegelscher Prägung voraus und stellte dem Nationalsozialismus nichts Konkretes
entgegen. [68]
Indem aber die Beseitigung des Nationalsozialismus einer
unbestimmten Kraft übertragen wurde, die diese Aufgabe auf Grund der der universalen
Geschichte innewohnenden Entwicklung bewältigen werde, bezweifelte der Autor
die Möglichkeit menschlicher Einflußnahme und begünstigte mithin indirekt
eine Passivität gegenüber dem Nationalsozialismus. Weitere, den Nationalsozialismus
ablehnende Artikel betonten erneut seine Unterdrückung der Minderheiten, wiesen
allerdings darauf hin, daß auch manche Demokratien ähnliches getan hätten. [69]
So kam Jakabffy in einem Artikel über die Lage der Minderheiten,
nachdem er Verständnis für den Austritt des Deutschen Reiches aus dem Völkerbund
geäußert hatte, auf den "hitlerschen Gedanken" zu sprechen kam. [70]
Es sei nicht verwunderlich, so Jakabffy, daß die Minderheitenfrage
allmählich eine Veränderung erfahre, die "am besten durch jene Vorstöße des
hitlerschen Gedankens charakterisiert wird, die wir auf dem Boden der Sudetendeutschen
und der Siebenbürger Sachsen beobachten". Die politischen und moralischen
Ursachen dieser Vorstöße seien aber die Konsequenzen der Knauserei der Regierungen
den Minderheiten gegenüber. Schließlich hätten die bisherigen Minderheitenpolitiker
mit ihrer loyalen und gemäßigten Politik keinerlei Ergebnisse erzielt, so
daß es selbstverständlich sei, wenn sich diese Minderheiten jetzt neue Ideologien
suchten, um ihr Minderheitendasein erträglicher zu gestalten. Indem Jakabffy
das Erstarken der Selbsthilfebewegung als Antwort auf die Minderheitenpolitik
der rumänischen Regierungen darstellte und die Minderheitenfrage sodann in
einen gesamteuropäischen Kontext stellte, konnte er die Erfolge dieser Bewegung
erklären, ohne selbst direkt (oder gar zustimmend) Stellung dazu zu nehmen.
Obzwar seine Deutung der Bewegung als Antwort gewisser unzufriedener Teile
der sächsischen Gesellschaft auf die offizielle rumänische Politik durchaus
evident ist, muß sich seine Einschätzung dennoch insoweit Kritik gefallen
lassen, als Jakabffy es einerseits nicht mehr für nötig zu erachten schien,
den Gedanken der Minderheitensolidarität zu propagieren, dem die sächsische
Bewegung abgeneigt war, und andererseits an die humanistischen Ideale, die
in der Zeitschrift sonst ständig aufgegriffen wurden und denen die Rassenideologie
eindeutig widersprach, weiterhin zu erinnern. Immerhin hielt es Jakabffy in
einem weiteren Artikel für nötig, darauf aufmerksam zu machen, daß sich die
(ohnehin nicht guten) Beziehungen des siebenbürgischen Ungarntums zu den Sachsen
nach 1933 erheblich verschlechtert hätten, da der sächsische "Nationalsozialismus"
gegen die Ungarn eingestellt sei. [71]
Nachdem hier
die meisten Stellungnahmen der Zeitschrift zum Nationalsozialismus aus dem
Zeitraum 1933-1937 aufgeführt sind, verdienen weitere Reflexionen zum Irredentismus
gleichfalls eine knappe Skizze, bevor die Reaktionen auf die Ereignisse der
Jahre 1938-1940 zu schildern sind. Mitte der dreißiger Jahre kehrte die Zeitschrift
nämlich zu ihrer Verurteilung des Irredentismus zurück, nachdem sich 1929/1930
eine offenere Haltung abgezeichnet hatte. So begrüßte Jakabffy den britischen
Historiker Macartney anlässlich seines Besuches in Rumänien und meinte, daß
die Ungarn keine Revisionisten als Besucher bräuchten, sondern Personen wie
Macartney, die die Lage der Minderheiten sachlich darstellten. [72] Auch Hegedüs wandte sich in einem Artikel gegen den ungarischen
Irredentismus, als Ungarn Pläne für ein Museum damit begründete, daß in Siebenbürgen
"der irredentistische Gedanke nachlässt. Das Museum und die aus den entrissenen
Gebieten unternommenen Reisen ins Museum verstärken die irredentistische Propaganda". [73] Hegedüs lehnte also den wohlfeilen Irredentismus in Ungarn
ab, da er den Ungarn jenseits der Grenzen nur schadete. In einem weiteren
Beitrag ergriff der Autor Partei für die "Minderheitenautonomie", wobei er
klar zwischen Autonomie und Irredentismus differenzierte. [74]
Irredentistisch eingestellt könnten zudem nur Einzelne
sein, betonte der Verfasser, denn Irredentismus bedeute, ein Gefühl zugunsten
einer Idee zu entwickeln, wozu nur ein einzelner Mensch fähig sei. Ein Kollektiv
(und eine Minderheit sei ein solches) habe aber kein Gefühl und müsse daher
eine rein rationale Politik für die Durchsetzung ihres Rechtsanspruchs betreiben.
In einem anderen Artikel stellte der Autor konkrete Überlegungen zur Möglichkeit
an, die Lebensbedingungen der Ungarn zu verbessern, doch den Irredentismus
lehnte der Autor ausdrücklich als nicht zum Ziele führend ab. [75]
Der Irredentismus führe nicht zur Lösung des Minderheitenproblems,
sondern ein anderer Weg sei zu suchen. Für einen solchen Weg hielt er die
Idee der "Spiritualisierung der Grenzen", sofern man darunter die Vorstellung
verstünde, daß die Grenzen den Austausch "wahrhafter menschlicher Werte" nicht
mehr verhinderten. Die Irredentabewegungen strebten einen Krieg an, die Minderheitenbewegung
dagegen den Frieden, denn die Lösung der Minderheitenprobleme auf rechtlicher
Basis verhindere den Krieg.
Diese
Beiträge verdeutlichen, daß die Zeitschrift Mitte der dreißiger Jahre dem
Irredentismus gegenüber wieder ihre ursprüngliche ablehnende
Haltung einnahm. Dies rührte einerseits daher, daß die ungarische Minderheit in
das Spannungsfeld ungarisch-rumänischer Gegensätze geraten war, die sich nicht
zuletzt in der Gründung der rumänischen antirevisionistischen Liga als Antwort
auf eine neue ungarische revisionistische Welle äußerte. In einer solchen Atmosphäre,
in der ungarische Angestellte leicht entlassen wurden, war die Distanzierung
vom Irredentismus seitens der Zeitschrift eine nahe liegende Reaktion, wollte
sie doch keinerlei Vorwände zu Repressalien bieten. Zu dieser Haltung trugen aber,
jenseits dieser Kosten-Nutzen Rechnung, auch die judenfeindlichen Massnahmen
der Berliner Regierung bei, die die ungarische Presselandschaft Siebenbürgens
diskutierte. Es darf des weiteren nicht vergessen werden, daß die Warte, von
der aus die Zeitschrift die faschistischen Ideologien betrachtete, weiterhin
die universale Minderheitensolidarität blieb, oberstes Beurteilungskriterium
einer Regierungsform also ihre Minderheitenpolitik war.
Die Jahre
1938-1940 verdienen besondere Beachtung, weil sie die Vorhersagen der Zeitschrift
"Magyar Kisebbség" zu bestätigen schienen, die früh davor warnte, daß die
Missachtung der Minderheitenrechte zu neuen internationalen Krisen führe.
Die Entwicklungen auf internationalen Bühne (es seien hier nur das Münchener
Abkommen, der erste Wiener Schiedsspruch, der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich
sowie der Beginn des Zweiten Weltkrieges erwähnt) interessierten die Redaktion
der Zeitschrift in doppelter Hinsicht, einmal als Verfechter der Minderheitenrechte,
aber auch als Angehörige des ungarischen Volkes. Es stellt sich die Frage,
ob das in anderthalb Jahrzehnten verfochtene Prinzip einer friedlichen Lösung
der Minderheitenfrage, das Problem des Minderheitenschutzes, aber auch die
Ablehnung des Nationalsozialismus weiterhin Bestand hatte, nachdem Ungarn
mit deutscher Unterstützung 1938 Teile der Slowakei erhielt und 1939 sich
widerrechtlich die Karpatenukraine aneignete. An der grundsätzlichen Einstellung
zur nationalsozialistischen Ideologie, scheint sich zunächst nichts geändert
zu haben, wie dies ein ironischer Artikel Jakabffys belegt. [76]
In diesem Beitrag, unter einem seiner Pseudonyme veröffentlicht,
machte er sich explizit über die "deutschen nationalsozialistischen Schriftsteller"
lustig, die andauernd Untersuchungen aus rassengeschichtlichen Perspektiven
veröffentlichten. Wenn an der Literatur "rassische" Besonderheiten eines Volkes
nachweisbar sind, dann, so Jakabffy, könne man die Dichtung Sándor Petöfis
getrost als besten Ausdruck der slawischen Seele ansehen. [77]
Dieser ironische Ton schlug aber noch im selben Jahr in
einen resignierten um, nach dem das Münchner Abkommen geschlossen wurde. Der
Autor stellte bedauernd fest, daß durch das Ausscheiden der Sudetendeutschen
aus der Gruppe der Minderheiten die Zahl und damit das Gewicht der Minderheiten
sich verringert hatte. [78]
Die Lösung des europäischen und v.a. des mitteleuropäischen
Minderheitenproblems könne aber nicht durch Grenzveränderungen erreicht werden,
meinte der Verfasser, denn selbst wenn die Grenzminderheiten in ihr Mutterland
zurückkehrten, blieben in Mitteleuropa noch Millionen Menschen übrig, die
unter anderen Völkern verstreut ihr Diasporaschicksal fristen müssten. Solange
diese "Schicksalsminderheiten" unterdrückt und entnationalisiert würden, könne
es keinen wahrhaften Frieden in dieser Region geben. Jakabffys Fazit: "Uns,
die wir seit zwei Jahrzehnten die Machthaber Europas ununterbrochen warnen,
daß die Vernachlässigung der Minderheitenprobleme zu einer Weltkatastrophe
führen kann, haben die Ereignisse der letzten Wochen bestätigt". Der umfassenden
Lösung der Minderheitenfrage bei bewahrtem Status Quo gab Jakabffy in diesem
Artikel also den Vorzug vor Grenzveränderungen (obwohl er diese nicht grundsätzlich
ablehnte), da (wie er meinte) nur eine Lösung, die auf der Einhaltung der
Minderheitenrechte fußte, ein solides Fundament sein konnte. Das bedeutete
demnach, daß Jakabffy an seiner Einstellung auch zu einer Zeit festhielt,
als sich (nach dem Münchner Abkommen im September 1938) abzuzeichnen begann,
daß Ungarns revisionistische Bestrebungen zumindest einen Teilerfolg erringen
würden (wie im November 1938 tatsächlich geschehen).
Der erste
Wiener Schiedsspruch (am 2. 11. 1938 erhielt Ungarn Teile der Tschechoslowakei)
veranlasste die Zeitschrift dann nicht, in Jubel auszubrechen, sondern lediglich
zu einem sachlich gehaltenen Bericht mit statistischen Daten. Mit gewisser
Sympathie druckte die Zeitschrift einen Aufruf eines Grafen Esterházy, der
zu den Führern der ungarischen Partei in der Slowakei gehörte und sich für
den Verbleib in der Restslowakei entschied, um den dort gebliebenen Ungarn
(ca. 100 000) zu helfen. Die Aussagen dieses Aufrufs kommentierte die Zeitschrift
nicht, übernahm sie aber später sinngemäß nach der Abtrennung Nordsiebenbürgens
von Rumänien. [79] Auf den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs reagierte die Zeitschrift
mit Bedauern und Enttäuschung. Niemand könne leugnen, so eine Aussage im Leitartikel,
daß diesen neuen Krieg der "nationale Gedanke" ausgelöst habe. [80]
Siebzehn Jahre lang habe sie, die Zeitschrift, dafür gekämpft,
daß die Brisanz des Problem erkannt werde, die in der Minderheitenfrage liege,
damit sie eben nicht zu einer Katastrophe führe. Doch es sei ihr nicht gelungen,
die entscheidenden Machthaber und Völker hiervon zu überzeugen. Daher könne
niemand, wenn dereinst, bei der Beseitigung der Trümmer, die Suche nach den
Verantwortlichen beginnen würde, diejenigen, die für die Minderheitenrechte
gekämpft und auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen hatten, zur Verantwortung
ziehen. Dieser Artikel macht deutlich, daß die minderheitenpolitische Perspektive
auch die Urteilskraft einschränken konnte, wenn sie
- wie in diesem Fall - die Redakteure daran hinderte, Ereignisse beim
Namen zu nennen: Den Ausbruch des Krieges allein auf die Nichtbeachtung der
Minderheitenrechte zurück zu führen, hieß, das Wesen des Nationalsozialismus
zu verkennen. In einem früheren [81]
Artikel sprach Meskó noch den "aus dem pangermanen Geist
geborenen Drang" sowie die "Furcht vor dem Mitteleuropakonzept Naumanns",
aber konkret auch den Nationalsozialismus als Urheber eines kommenden Krieges
an - eine scharfe Analyse, die nun, beim tatsächlichen Kriegsausbruch übergangen
wurde. Die Vorrangstellung der Minderheitenperspektive, die nichts erschüttern
konnte, zeigt auch ein Artikel vom Oktober 1939, der die Rede Hitlers vom
1. September diskutierte. Hitler habe sich in mehreren, laut Artikel "teilweise
beachtenswerten", Punkten zur Lösung der Minderheitenfrage geäußert. Einer
der Gesichtspunkte war, daß in gewissen Gebieten das Selbstbestimmungsrecht
der Bevölkerung gelten sollte. So sollte nicht nur im Bereich des Korridors,
sondern "um nur ein Beispiel zu erwähnen"
(so der Artikel) auch in der alten Tschechei die Bevölkerung ihren
Willen äußern. Der "beachtenswerteste" Punkt in Hitlers Rede sei, so die Zeitschrift,
die Vorstellung, daß Klagen zwischen Ländern in Sachen der Minderheiten vor
ein internationales Untersuchungsgericht zu bringen seien, dessen Aufgabe
in der Überprüfung aller vorgebrachten Klagen zu liegen hätte. Hierzu gehört,
daß Länder (Hitler nannte Polen und das Deutsche Reich) gegenseitige Verpflichtungen
eingingen, um den Schutz der jeweiligen Minderheiten zu gewährleisten. Die
Zeitschrift bekundete danach ihre Hoffnung, daß, wenn diese Prinzipien die
künftigen Friedensverhandlungen leiteten, die Verträge, die an Stelle der
Verträge von 1919/1920 zu schließen wären, tatsächlich der "friedlichen Weiterentwicklung
der Menschheit" dienen würden. Dieser Artikel macht offensichtlich: Die Zeitschrift
engagierte sich für die Minderheitenrechte bis zu einem Maß, das an Naivität
grenzte: Dieses Engagement hinderte sie teilweise daran, nationalsozialistische
Äußerungen, wie die obigen, einigermaßen kritisch abzuwägen und zu hinterfragen. [82]
Im Falle der 1939/1940 durchgeführten deutschen Bevölkerungsumsiedlungen stellte sich die Zeitschrift gegen die nationalsozialistische Politik, da diese den Minderheiten die Möglichkeit der freien Entscheidung nahm und die Zeitschrift sie (daher) für inhuman und unnötig befand. Im Schatten des Krieges verblieb der Zeitschrift allerdings nicht mehr viel Zeit zur Artikulation ihrer Forderungen zugunsten der Minderheiten. Die Lage der Minderheiten in Rumänien dominierte zunehmend der rumänisch-ungarische Gegensatz, der mitunter zu "subversiven Tätigkeiten in Siebenbürgen" und schließlich zum zweiten Wiener Schiedsspruch führten. [83] Den Eintritt Italiens in den Krieg (Juni 1940) kommentierte Jakabffy mit dem erneuten Hinweis, daß die Ursachen des Krieges in der Vernachlässigung der Minderheitenproblematik seitens der "westlichen Demokratien", worunter er v.a. Frankreich und England verstand, zu suchen seien. Dann blieb für ihn nicht mehr übrig, als festzustellen, daß nach so vielen machtpolitischen Entscheidungen in den vergangenen Jahrhunderten, nun erneut in Wien Machtpolitik betrieben wurde: am 2. 11. 1938 und am 30.6. 1940. Durch die letzte Entscheidung fiel Nordsiebenbürgen an Ungarn; der Erscheinungsort der Zeitschrift, Lugosch, verblieb demnach in Rumänien. Die Zeitschrift erschien noch bis 1942, als sie ihr Erscheinen einstellen musste. Sie befasste sich bis dahin weiter mit minderheitenpolitischen Themen, veröffentlichte Aufsätze zur Selbstorganisation der in Rumänien Verbliebenen und Daten zu den Minderheiten Rumäniens. Doch soziologische, geschichtliche und geistesgeschichtliche Beiträge, die das Verhältnis der Minderheiten zum Faschismus bzw. Nationalsozialismus beleuchteten, konnte sie im gewohnt kritischen Ton auf Grund der nach 1940 in Rumänien herrschenden Verhältnisse nicht mehr drucken.
Die
Zeitschrift "Magyar Kisebbség" verstand
sich als Artikulationsorgan von Minderheiteninteressen und betrachtete die
Ideologien der Zwischenkriegszeit aus dieser Perspektive. Sie hat daher den
italienischen Faschismus wie den Nationalsozialismus deutlich abgelehnt, da sie
erkannte, daß diese Ideologien nicht nur keine Rücksicht auf die Minderheiten
nahmen, sondern ausgesprochen minderheitenfeindlich waren. Als Anfang der
dreißiger Jahre die Annäherung Ungarns an Italien (und das Deutsche Reich)
unübersehbar wurde, distanzierte sie sich daher von Ungarn, da die
Minderheiteninteressen dies verlangten. Die Distanzierung von diesen Ideologien
und von Ungarn hinderte die Zeitschrift freilich nicht daran, zeitweilig den
(ungarischen) Revisionismus zu unterstützen, da sie die Lösung der ungarischen
Minderheitenprobleme innerhalb der bestehenden Grenzen nicht mehr für möglich
hielt. Diese Unterstützung bedeutete jedoch die Bevorzugung partikularer
(ungarischer) Minderheiteninteressen gegenüber der ursprünglich propagierten
universalen Minderheitensolidarität. Die Verkehrtheit dieser Situation und die
Erkenntnis, daß selbst durch die Lösung der ungarischen Minderheitenproblematik
durch Revisionismus das Minderheitenproblem an sich nicht gelöst werde, führte
im Laufe der dreißiger Jahre aber zur erneuten Ablehnung des ungarischen Revisionismus.
Hierbei spielte die Erkenntnis die wesentliche Rolle, daß im
Donau-Karpatenbecken keine neuen Grenzen ohne die Schaffung neuer Minderheiten
zu ziehen seien und das Minderheitenproblem daher nur im internationalen Rahmen
zu lösen sei. Die Lösung dieses Problems werde jedoch um so eher geschehen, so
das Credo der Zeitschrift, je größer das Gewicht der Minderheiten auf
internationaler Ebene sei. Der Zusammenhalt der Minderheiten müsse daher
gewahrt bleiben. Deshalb bedauerte die Zeitschrift, wenn Politiker der
deutschen Minderheit gegen die Ungarn polemisierten, magyarisierte
Gemeinschaften regermanisierien wollten und nationalsozialistisches Gedankengut
verbreiteten, weil dadurch einer möglichen deutsch-ungarischen Kooperation,
mithin dem gemeinsamen Vorgehen gegen Diskriminierungen, Hindernisse in den Weg
gelegt wurden.
Megjelenési hely: Zeitschrift f. Siebenbürgische Landeskunde, 2002, 1, 30-53.o.
[1] Folgender Aufsatz gibt ein gekürztes und teilweise ergänztes Kapitel aus der im Sommersemester 2001 am Historischen Seminar der Universität Heidelberg verfertigten Examensarbeit des Autors wieder. Der Verfasser möchte auch auf diesem Wege seinen Dank Prof. Dr. H.-D. Löwe, Dr. Zs. K. Lengyel und Dr. H. Roth für die vielfältigen Anregungen und Unterstützungen aussprechen.
[2] Einige wenige Literaturangaben: Johann Böhm: Die Deutschen in Rumänien und das Dritte Reich 1933-1940, Frankfurt/Main u.a., 1999 (s. hierzu allerdings die Rezension von Cornelius Zach, In: ZfSL, 22 (1999), H. 2, S. 299-301); Armin Heinen: Die Legion "Erzengel Michael" in Rumänien. Soziale Bewegung und politische Organisation. Ein Beitrag zum internationalen Faschismus, München, 1986; Harald Roth: Politische Strukturen und Strömungen bei den Siebenbürger Sachsen 1919-1933, Köln, Weimar, Wien, 1994.
[3] Vgl. als Einstieg: László Diószegi, (Mithrsg.): Hetven év. A romániai magyarság története 1919-1989 [Siebzig Jahre. Geschichte der Ungarn in Rumänien], Budapest, 1990; Zsolt K. Lengyel: Auf der Suche nach dem Kompromiß. Ursprünge und Gestalten des frühen Transsilvanismus 1918-1928, München, 1993; Imre Mikó: Huszonkét év. Az erdélyi magyarság politikai története 1918-tól 1940-ig, [Zweiundzwanzig Jahre. Die politische Geschichte des siebenbürgischen Ungarntums 1918-1940] Budapest 1941, Bern 1987; Béla Pomogáts: A transzilvánizmus. Az Erdélyi Helikon ideológiája [Der Transsilvanismus. Die Ideologie des Erdélyi Helikon], Budapest, 1983.
[4] Die einzige Darstellung ist das Kapitel "Das Ungarntum Siebenbürgens im Kreuzfeuer des revisionistischen Kampfes 1933-1938" im Buch von Mikó, a.a.O., S. 133-197, welcher Darstellung allerdings die zeitliche Nähe zum Geschehen anzumerken ist.
[5] Vgl. z.B. Gerhard Seewann: Ungarische und deutsche Minderheiten im Donau-Karpatenbecken 1918-1980: Ein typologischer Vergleich ihrer Entwicklung, in: Edgar Hösch, Gerhard Seewann, (Hrsg.): Aspekte ethnischer Identität: Ergebnisse des Forschungsprojekts "Deutsche und Magyaren als nationale Minderheiten im Donauraum", München 1991, S. 399 und Othmar Kolar: Rumänien und seine nationalen Minderheiten 1918 bis heute, Wien, Köln, Weimar, 1997, S. 80.
[6] Zur diesbezüglichen ungarischen Aussenpolitik vgl. Gyula Juhász: Hungarian foreign policy 1919-1945, Budapest , 1979, S. 86, S. 107 u.ö.; Pál Pritz: Magyar diplomácia a két háború között [Ungarische Diplomatie zwischen den beiden Kriegen], Budapest, 1995, S. 226 u.ö.; Ders., Magyarország külpolitikája Gömbös Gyula miniszterelnöksége idején 1932-1936 [Die Aussenpolitik Ungarns während der Ministerpräsidentschaft des Gy. G.], Budapest, 1982, S. 203-220. Zur vielfältigen Ausrichtung des revisionistischen Kampfes in Ungarn vgl. Anikó Kovács-Bertrand: Der ungarische Revisionismus nach dem Ersten Weltkrieg. Der publizistische Kampf gegen den Friedensvertrag von Trianon (1918-1931), München, 1997 und Miklós Zeidler: A revíziós gondolat [Der revisionistische Gedanke], Budapest, 2001.
[7] Die Einschätzung der "rechtsorientierten" Teile der ungarischen Minderheit in einem kürzlich erschienenen Aufsatz erschöpft sich dementsprechend in der Feststellung: "Die Existenz dieser Richtung [sprich: von ´Rechtsorientierten`, F.H.] ist beim Lesen der zeitgenössischen Tagespresse offensichtlich, doch läßt ihre wissenschaftliche Aufarbeitung noch auf sich warten"; vgl. Nándor Bárdi: Die minderheitspolitischen Strategien der ungarischen Bevölkerung in Rumänien zwischen den Weltkriegen, In: Südostforschungen, Bd. 58 (1999), S. 267-312, hier: S. 310.
[8] Den Zusammenhang zwischen Irredentismus und Antisemitismus einerseits, bzw. (ungarischem) Faschismus andererseits, stellten bereits Anfang der Zwanziger ausländische Beobachter in Ungarn selbst fest, vgl. Ignác Romsics: Bethlen István. Politikai Életrajz [I. Bethlen. Politische Biographie],Budapest, 21999, S. 217.
[9] Zur historiographisch-politologischen Diskussion über eine mögliche Gleichsetzung der Termini vgl. Hans J. Lieber: Zur Theorie totalitärer Herrschaft, Die Gleichsetzung von Faschismus/Nationalsozialismus und Kommunismus als Problem des Totalitarismuskonzepts, in: Ders. (Hrsg.), Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart, Wiesbaden, 2000, S. 894-926; Ian Kershaw: Das Wesen des Nationalsozialismus: Faschismus, Totalitarismus oder einzigartiges Phänomen? in: Ders., Der NS-Staat. Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick, Reinbek bei Hamburg, 1988, S. 76-89; Ernst Nolte: Der Faschismus in seiner Epoche. Action francaise, Italienischer Faschismus, Nationalsozialismus, München, Zürich, 1984.
[10] "In den 30er Jahren wurde Sulyok zu demjenigen, der in der siebenbürgisch-ungarischen Presse die deutsche Außenpolitik und das Modell der Volksgemeinschaft am stärksten propagierte" vgl. Bárdi, a.a.O., S. 301. Der Zeitgenosse Sulyoks, I. Mikó, schreibt über das Verhältnis von Sulyoks konservativer Zeitung "Erdélyi Lapok" in Großwardein zu den kronstädter "Brassói Lapok": "... führte S. Kacsó [Hrsg. der ´Kronstädter Blätter`, Anm. v. F.H.] gegen I. Sulyok einen spanischen Bürgerkrieg zwischen Kronstadt und Großwardein", vgl. Mikó, a.a.O., S. 166.
[11] Vgl. auch Sándor Balázs: Lugosi üzenet. A Magyar Kisebbség cimü folyóirat monográfiája [Die Botschaft aus Lugosch . Die Monographie der Zeitschrift Magyar Kisebbség], Szatmárnémeti, 1995.
[12] Zu Jakabffy vgl. die Einleitung zu seinen Schriften, verfasst von Sándor Balázs: "E. J. - Der Nationalitätenpolitiker und Theoretiker des Minderheitenschicksals", In: E. Jakabffy, Nemzetiségpolitikai Irások [Nationalitätenpolitische Schriften], Bukarest, 1992.
[13] Ähnlich betrachtet auch Hildrun Glass: das "deutsch-jüdische Verhältnis [als] ein-[en] empfindliche[n] Indikator für den Einfluß des Nationalsozialismus" auf die Deutschen Rumäniens, in: Dies., Zerbrochene Nachbarschaft. Das deutsch-jüdische Verhältnis in Rumänien (1918-1938), München, 1996, S. 14.
[14] Vgl. beispielhaft die Artikel Magyarságunk kötelez [Unser Ungarntum verpflichtet], von Spectator (Pseudonym von Miklós Krenner, MK, 1923, S. 509-515, 'A magyar kérdés' [Die ungarische Frage] (Kommentar zu einem Artikel des rumänischen Politikers O. Goga ), MK, 1923, S. 138-141, Kisebbségi politika - kisebbségi pártok nélkül? [Minderheitenpolitik - ohne Minderheitenparteien?], von József Willer, MK, 1923, S. 553-557.
[15] Unter dem Begriff 'Irredentismus' werden Bestrebungen zur Vereinigung von als sprachlich-kulturell zusammengehörig empfundenen Bevölkerungsteilen in einem Staat verstanden (vgl. den Artikel von Günter Rieger, In: Lexikon der Politik, Hrsg. Dieter Nohlen, München, 1995-1998, Bd. 7, S. 291). Solche Bewegungen können innerhalb und ausserhalb eines 'Mutterlandes' bestehen. 'Revisionismus' bezeichnet die Bemühungen (v.a.) eines Landes, den bestehenden Status Quo zum eigenen Vorteil verändern zu wollen.
[16] Vgl. Kisebbségi jog és irredenta [Das Minderheitenrecht und die Irredenta] von Emil Neugeboren, MK, 1923, S. 41-45.
[17] Dies tat Spectator in einem Artikel mit dem Titel A tétova sajtó [Die zögernde Presse], MK, 1923, S. 665-677.
[18] Vgl. Románok és magyarok [Rumänen und Ungarn] von Miklós Meskó, MK, 1924, S. 93-106.
[19] Vgl. Peccatur intra et extra muros ... von
E. Jakabffy, MK, 1924, S. 189-197.
[20] Vgl. z.B. MK, 1924, S. 137-139, wo ein solcher Artikel aus der Feder des rumänischen Publizisten Tiberiu Vornic besprochen wird. Im selben Jahr wurde das den Ungarn wohlgesonnene Buch des klausenburger Rechtsanwaltes Ludovic Ciato rezensiert (MK, 1924, S. 587-592), welches die wiederholten, jedoch ohne Beweise vorgebrachten, an die Seite der Ungarn gerichteten Irredentavorwürfe verurteilte.
[21] Vgl. Heinen, a.a.O., S. 118-122; Ernst Nolte, Die faschistischen Bewegungen, München, 1966, S. 216; Miklós Molnár: Geschichte Ungarns, Hamburg, 1999, S. 367f.
[22] Vgl. A zsidóságról [Über das Judentum] von Benö Gombos, MK, 1923, S. 58-61.
[23] Die beiden zuletzt genannten Stellungnahmen erschienen zusammen unter der Überschrift Antiszemitizmus és numerus clausus [Antisemitismus und Numerus Clausus], MK, 1923, S. 160-170.
[24] Vgl. z.B. MK, 1923, S. 511; MK, 1924, S. 829.
[25] Vgl. z.B. A zsidó egység és a zsidó iskolák [Die jüdische Einheit und die jüdischen Schulen] von Gombos, MK, 1923, S. 584-588; A Külföldi Lapok Szemléje és én [Die Presseschau ausländischer Blätter und ich] von Miksa Neumann, in: MK, 1924, S. 961f.; A magyar zsidóság [Das ungarische Judentum] von Mihály Leitner, In: MK, 1925, S. 134-140.
[26] Vgl. Nyilt levél Fötisztelendö Kovács Lajos r. k. lelkész Urhoz [Offener Brief an den hochwürdigen Herrn römisch-katholischen Pfarrer L.K.] von Jakabffy, der den ursprünglichen Brief des Pfarrers mit einschließt, in: MK, 1925, S. 285-289.
[27] Vgl. Bolsevizmus vagy faszcizmus? [Bolschewismus oder Faschismus?] von Ödön Pásint, In: MK, 1926, S. 117-119.
[28] Der Bolschewismus wurde in diesem Artikel, soviel sei hier ergänzt, wegen seines Potentials an Gewalt negativ beurteilt. In einem anderen Artikel, kurz zuvor, wurde ihm allerdings bescheinigt, diejenige Ideologie zu sein, welche die Minderheitenfrage alleine zufriedenstellend lösen könne, vgl. A nemzetközi szociálizmus és a nemzeti kisebbségek [Der internationale Sozialismus und die nationalen Minderheiten] In: MK, 1925, S. 679-683.
[29] Der Begriff "rassisch" bedeutete im damaligen Sprachgebrauch soviel wie "völkisch", "ethnisch".
[30] Die Monographie von Balázs (Anm. 11) über die Zeitschrift Magyar Kisebbség erwähnt zwar diesen Artikel (vgl. S. 61 und 133), stellt ihn jedoch einseitig als einen rein antifaschistischen dar, diesen hier zitierten Aspekt ignorierend. Die Monographie hat zwar nur die (berechtigte) Absicht, allgemeine Grundeinstellungen der Zeitschrift aufzuzeigen, solche Verkürzungen zeigen aber dennoch erneut die Notwendigkeit einer facettenreichen Aufarbeitung dieses Teils der rumänienungarischen Geschichte auf.
[31] Vgl. A demokrácia csödje? [Der Konkurs der Demokratie?], von Tibor Zima in: MK, 1926, S. 747-755.
[32] Vgl. A névolaszitás ügye és a nemzetbecsmérlés [Das Problem der Italienisierung von Namen und die Beleidigung von Nationen], in: MK, 1926, 728.
[33] Vgl. z.B. Beszámoló a német kisebbség múlt évéröl [Bericht über das vergangene Jahr der deutschen Minderheit], in: MK, 1924, S. 107-114.
[34] Vgl. A szatmárvidéki asszimiláció [Die Assimilation in der Sathmarergegend], in: MK, 1924, S. 306-316; A szatmárvidéki asszimilációhoz [Zur Assimilation in der Sathmarergegend], in: MK, 1926, 345-347, 384f., 431, 502f. u.ö.
[35] Vgl. Mussolini szelleme Szatmár vidékén [Der Geist Mussolinis in Sathmarer Gegend] von Jakabffy, in: MK, 1926, S. 197-200.
[36] Er bezeichnete jene "größte Verbitterung", mit der Konrad Nussbächer in der Zeitschrift 'Ostland' über die südtiroler Frage schrieb, als "selbstverständlich".
[37] Vgl. den Artikel A német kisebbség helyzete Déltirolban [Die Lage der deutschen Minderheit im Südtirol], in: MK, 1926, S. 201-203.
[38] Vgl. hierzu und den damit verbundenen internationalen Verwicklungen, Magda Ádám, Richtung Selbstvernichtung. Die Kleine Entente 1920-1938, Budapest, 1988, S. 74f, vgl. auch Zeidler, a.a.O., S. 76.
[39] Vgl. MK, 1926, S. 319-324 und S. 399-405.
[40] Vgl. auch die Artikel A kisebbségi gondolat eszmei gyözelme [Der geistige Sieg des Minderheitengedankens] von Széll., J., MK, 1926, S. 359f., Páneurópa [Paneuropa], MK, 1926, S. 361-364.
[41] Allerdings erschien zur selben Zeit auch ein Artikel, der sich gegen die Paneuropabewegung wandte und erneut die Notwendigkeit der Kulturautonomie betonte, hervorhebend, daß die Minderheitenfrage nur dadurch zufriedenstellend zu lösen sei und eine Kulturautonomie keinerlei Irredentismus bedeute; vgl. Kisebbségi kérdés és a haza [Die Minderheitenfrage und das Vaterland] von Sándor Nagy, in: MK, 1926, S. 477-479.
[42] Vgl. Kovács-Bertrand, a.a.O., S. 199.
[43] Vgl. Nyelv- és nyelvtörténeti tanulságok [Sprach- und sprachgeschichtliche Lehren] von Árpád Bitay, in: MK, 1926, S. 557-580. Diese Praxis gab es sowohl in Mussolinis Italien als auch unter rumänischen Nationalisten.
[44] Vgl. Keserü panasz [Bittere Klage] von Spectator , in: MK, 1927, S. 638-649.
[45] Vgl. Richard Csaki és Tóth Károly [Richard Csaki und Károly Tóth] von Jakabffy, in: MK, 1927, S. 837-840.
[46] Bezüglich Csaki bezog sich Jakabffy auf dessen Ostland-Artikel (s.o.). K. Tóth, Rektor der Universität von Szeged, erklärte bei seiner Ernennung zum Mitglied des ungarischen Oberhauses, dass die deutsche Minderheit Ungarns nur eine Aufgabe zu kennen brauche, die Assimilation.
[47] Vgl. Fiat applicatio. Mussolini és Maniu [Fiat applicatio. Mussolini und Maniu] von Aurel Váradi, in: MK, 1929, S. 283-286.
[48] Zur aussenpolitischen Offensive allg. vgl. Kovács-Bertrand, a.a.O., S. 199f., zu den offiziellen Revisionsansprüchen ebda., S. 218-220, zu Mussolini und Rothermere ebda., S. 221; zur Reaktion der Kleinen Entente vgl. Ádám, a.a.O., S. 76-79.
[49] Diese Aussagen blieben bislang außer Acht, da sie je nach Lesart als allgemeine geschichtsphilosophische Gedankengänge über den Verlauf der Geschichte oder mit derselben Berechtigung auch als revisionistische Sichtweise interpretierbar sind. Der Verfasser dieser Arbeit entschied sich hierbei, mangels konkret-positiver Angaben und Einordnungsmöglichkeiten, sie, im Gegensatz zu den Aussagen aus dem Jahre 1929, die einem eindeutigen Kontext zuzuordnen sind, als lediglich theoretische Überlegungen einzustufen. Folgende Beispiele sollen zur Verdeutlichung dienen: 1924 stellte der Verfasser eines Artikels über die politischen Beziehungen in Europa fest, daß die Landkarte Europas nicht endgültig gezeichnet sei, die Unveränderlichkeit der Grenzen zu behaupten, bedeute, die Zukunft der Geschichte zu leugnen (vgl. "Die Rumänen und die Ungarn" v. Miklós Meskó, 1924, S. 94). Im selben Jahr wird gewarnt, daß die Minderheiten kaum loyal zu den Institutionen und der Regierung eines Staates sein könnten, wenn sie nur zweit- oder drittrangige staatsbürgerliche Rechte in Anspruch nehmen dürften (vgl. "Die Minderheitenfrage und die Staatsmacht" von Gábor Ajtay, 1924, S. 643). Auch in einem bereits erwähnten Beitrag von Spectator findet sich - je nach Interpretation - ähnlicher Geist, wenn er im Zusammenhang mit den Minderheiteninstitutionen schreibt, daß, wenn diese niedergingen, der Niedergang nur vorübergehend, ein Winterschlaf sei: "Aber dann, wenn der neue Frühling kommt und die Rudimente aus dem Untergrund neu hervorspriessen ..." (Hervorh. im Orig., F.H., vgl. "Zerfall und Zusammenhalt", 1924, S. 796). Solche frühen mehrdeutigen Aussagen bereits als eindeutig prorevisionistische interpretieren zu wollen, hieße, spätere Einstellungen zurückzuprojizieren und die tatsächliche Haltung der Autoren zu ignorieren (Spectator kann z.B. auf Grund seiner übrigen Artikel nicht als ein Revisionist angesehen werden). Anders liegt der Fall bei folgenden Artikeln aus dem Jahr 1929.
[50] Vgl. Revizió-riadalom [Revisionspanik] von László Prohászka, in: MK, 1929, S. 521-527.
[51] So erklärten führende französische Politiker (Poincare, Berthelot) im Juni 1929 (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels), daß die Friedensverträge unveränderlich seien, vgl. Romsics, a.a.O., S. 279; englische Regierungskreise distanzierten sich ebenfalls von den Aktionen Lord Rothermeres, vgl. Kovács-Bertrand, a.a.O., S. 209. Ob die im Beitrag zitierten Äußerungen einzelner amerikanischer Politiker für die Haltung der US-Regierung genommen werden dürfen, sei auch dahingestellt.
[52] Zu den diesbezüglichen Plänen und Konstrukten vgl. Lengyel, a.a.O., S. 87-126, S. 157-192.
[53] Vgl. Leünnepeltünk ... [Wir haben zu Ende gefeiert ...] von László Prohászka, in: MK, 1929, S. 401-406.
[54] Vgl. Torztükörkép [Zerrspiegelbild] von Meskó, in: MK, 1929, S. 816-821.
[55] Vgl. A mai magyar ifjúság [Die heutige ungarische Jugend] von György Parecz, in: MK, 1929, S. 481-488.
[56] Den Hintergrund dieses Artikels bildete der nach 1928 aufgetretene ungarische Generationskonflikt in Siebenbürgen, der dadurch entstand, daß viele (v.a. intellektuelle) Jugendliche keine Berufsperspektive für sich sahen, da sich die Chancen für sie (als Ungarn) andauernd verschlechterten und die wenigen staatlichen Stellen meist besetzt waren. Als Ergänzung zur Bemerkung ist hinzuzufügen, daß der bisher (in der Literatur) besser bekannte Teil der ungarischen Jugend Siebenbürgens tatsächlich politisch links orientiert war, vgl. Mikó, a.a.O., S. 188f. Ebenfalls Mikó erwähnt aber (auffällig beiläufig) einen Teil der Jugend, der 1931 auf einer regionalen Sitzung der Ungarischen Partei, geleitet von Sulyok, I. (vgl. zu ihm S.3, Anm.10), die stärkere Geltung rechtsextremen Geistes innerhalb der Partei forderte und sich später in einer Tageszeitung (bis zu deren Verbot) artikulierte, aber auch noch 1937 aktiv war, vgl. Mikó, a.a.O., S. 190.
[57] Vgl. Le a német felirás a poharakról is [Entfernt die deutsche Aufschrift selbst von den Gläsern], in: MK, 1929, S. 882.
[58] Vgl. A jugoszláviai németek részvétnyilatkozatához [Zur Beileidserklärung der Deutschen aus Jugoslawien], in: MK, 1929, S.. 883.
[59] Vgl. A korosztályok elkülönülése Erdélyben [Die Entfremdung der Generationen in Siebenbürgen] von György Parecz, in: MK; 1930, S. 736-740, hier: S. 739.
[60] Vgl. Páneurópa és a kisebbségi kérdés [Paneuropa und die Minderheitenfrage] von György Késmárki, in: MK, 1930, S. 117-129, hier S. 129. Der Artikel ist ansonsten eine Kritik des Paneuropagedankens (im Ggs. zur Euphorie der Jahre 1925-1927), da er die Priorität in der Schaffung eines Paneuropa setze und die Minderheitenfrage erst danach lösen wolle, wohingegen der Verfasser die umgekehrte Reihenfolge vorschlägt.
[61] Eine führende Persönlichkeit der Ungarischen Partei, E. Gyárfás , war Gründungsmitglied der Zeitung "Erdélyi Lapok", die sich später zu einem rechtsorientierten Blatt entwickelt haben soll (vgl. S.3 dieser Arbeit). Bereits in den ersten Nummern der Zeitung sollen antisemitische Äusserungen erschienen sein, weshalb eine linksorientierte Zeitung in Ungarn die Ungarische Partei Rumäniens des Antisemitismus verdächtigte. Hiergegen verwahrte sich nicht nur Gyárfás, sondern auch der einzige jüdische Abgeordnete der Partei, Nándor Hegedüs.
[62] Vgl. Egy adat pártunk 'antiszemitizmusához' [Eine Angabe zum "Antisemitismus" unserer Partei], in: MK, 1932, S. 244-246.
[63] So der deutsche Konsul im Mai 1933 über die Haltung der Ungarn, vgl. Glass, 1996, a.a.O., S. 428. Dort auch die Angaben über die ungarische Presse, die einzigen vom Verf. dieser Arbeit gefundenen Aussagen die Meinung der Ungarn betreffend.
[64] Vgl. A kisebbségek politikai jogegyenlöségének elbukása a választáson [Die Niederlage der politischen Rechtsgleichheit der Minderheiten bei den Wahlen] von Nándor Hegedüs, in: MK, 1934, S. 165-172.
[65] Vgl. Temesvári beszéd [Rede in Temesvar], in: Elemér Jakabffy: Nemzetiségpolitikai irások, Bukarest, 1993, S. 199-204, bzw. MK, 1935, S. 604-609.
[66] Vgl. Megjegyzés A. Rosenberg nyilatkozatához [Bemerkung zur Äusserung A. Rosenbergs] in: MK, 1936, S. 668f.
[67] Vgl. Gondolatok egy könyvröl [Gedanken über ein Buch], in: MK; 1937, S. 8-13.
[68] Der Autor sah lediglich in einer konfusen Mischung aus Wirtschaft, Internationalität und Sozialismus die Kraft, die sich erfolgreich gegen den Nationalsozialismus wehren könne. Diese Gegenüberstellung kann freilich, wenn sie so intendiert war, nicht verwundern, da gerade aus der Gegnerschaft zum Nationalsozialismus unter vielen Intellektuellen nicht nur im Westen Europas (z.B. bei Camus), sondern auch in Ungarn (z.B. beim Historiker Szekfü) Mitte der dreißiger Jahre eine Sozialismussympathie erwuchs.
[69] Vgl. z.B. Levélváltás egy jugoszláv kisebbségi szakértövel [Briefwechsel mit einem jugoslawischen Minderheitenexperten] von Nándor Hegedüs, in: MK, 1937, S. 151-157.
[70] Vgl. A mi ügyünk mint az európai politika próbaköve [Unsere Sache - der Probierstein der europäischen Politik] von Jakabffy, in: MK; 1933, S. 625-628.
[71] Vgl. Magyarok és németek Romániában [Ungarn und Deutsche in Rumänien] von Jakabffy, in: MK, 1937, S. 209-223.
[72] Vgl. C. A. Macartney látogatása Romániában [Der Besuch C. A. Macartneys in Rumänien] von Jakabffy, in: MK; 1934, S. 598.
[73] Vgl. Egy indokoláshoz [Zu einer Begründung] von N. Hegedüs, in: MK, 1934, S. 691.
[74] Vgl. Kisebbségi autonomia [Minderheitenautonomie] von László Ottlik, in: MK; 1935, S. 105-115.
[75] Vgl. Kisebbségpolitikai gondolatok [Minderheitenpolitische Gedanken] von Kálmán Konopi, in: MK, 1935, S. 141-155 und 173-185.
[76] Vgl. Faj, faj und megint faj! [Rasse, Rasse und schon wieder Rasse!] von Hagepian (= Jakabffy, E.), in: MK, 1938, S. 211.
[77] Sándor Petöfi (1823-1849) gilt als der Nationaldichter Ungarns, dessen von national-romantischem Pathos getragenen Gedichte teilweise zu Volksliedern bearbeitet und zum Gemeingut aller wurden. Er selbst stammte allerdings von einem Vater, der serbischer und einer Mutter, die slowakischer Herkunft war, ab.
[78] Vgl. Megfogytunk [Wir sind weniger geworden] von Jakabffy, in: MK, 1938, S. 449-451.
[79] Vgl. A hivatott vezér [Der berufene Führer], in: MK, 1938, S. 513-515.
[80] Vgl. Tizenhét éven át [Siebzehn Jahre lang ...] in: MK; 1939, S. 409f.
[81] Vgl. Válaszúton - vagy útvesztöben ? [Am Scheideweg - oder im Labyrinth?] von Meskó, in: MK, 1939, S. 61-65.
[82] Inwieweit persönliches Wunschdenken die kritische Auseinandersetzung mit Hitlers Äusserungen verhinderte, kann nicht geklärt werden, muss mithin Vermutung bleiben. Eine solche Mutmassung kann sich nur auf die Parallelen stützen: Das Verlangen nach Selbstbestimmung etwa, war seit 1919 ungarische Forderung, genauso wie ein Schiedsgericht, das zwischen Ungarn und Tschechoslowakei (1938) bzw. weniger als ein Jahr nach dieser Rede zwischen Ungarn und Rumänien (1940) zu Gebietsabtretungen zugunsten Ungarns führte. Diese Parallelen zwischen den "beachtenswerten´" Punkten in Hitlers Rede und den Vorstellungen der ungarischen Minderheit werden bestimmt auch der Redaktion aufgefallen sein, doch der Artikel enthält (bis auf die Formulierung "um nur ein Beispiel zu geben") keinerlei Hinweise darauf.
[83] Zitiert nach Martin Broszat, Deutschland - Ungarn - Rumänien. Entwicklung und Grundfaktoren nationalsozialistischer Hegemonial- und Bündnispolitik 1938-1941, in: Historische Zeitschrift 206 (1968), S. 45-96, hier: S. 77. Vgl. hierzu jetzt auch die rumänische Studie Ordinea interna si apärarea Romaniei in anii 1939-1941 [Die innere Sicherheit und die Verteidigung Rumäniens zwischen 1939-1941] von Stan Stangaciu u.a., Bucuresti, 1999, S. 125-131.